26. Juli 2016
Buchbesprechung: Prinzessin Blubberbauch

Kinder mit Allergien stoßen schnell und unverhofft gegen unsichtbare Grenzen, die der eigene Körper setzt. Grenzen, die für andere nicht zu existieren scheinen. Viele fühlen sich den Launen des Körpers ausgeliefert, unverstanden und manchmal auch allein. Denn allergische Kinder müssen nicht nur lernen zu verzichten, sondern auch Scham und Ausgrenzung auszuhalten. Sie müssen erklären, dass der Ausschlag nicht ansteckend ist und verstehen, wenn andere genau das nicht verstehen.

Wie gut, dass es Kinderbücher gibt, die sich dem Thema annehmen. Die Mut machen möchten, bunt und spielerisch. Die eine Pupsskala mit Wölkchen einführen, kleine Häschen wieder lachen lassen oder Übungen vorstellen, mit denen man bei Allergiestress im Kopf einfach verreisen kann. Wir haben uns drei dieser Kinderbücher angesehen und mit medizinischem Knowhow und viel Herz gelesen. Heute stellen wir das erste vor.

Unter der Lupe: Prinzessin Blubberbauch.

Hard Facts: Geschrieben von Fritzi Bender. Illustration & Layout: Sabine Sauter. 2013 erschienen im BoBo Verlag. 128 Seiten. Kostenpunkt: 14,50 Euro.

Plot (Achtung Spoiler): König Börger und Königin Pomisse leben im Allesleckerland. Dort wachsen Pommes Frites an den Bäumen und es gibt Seen voller Nougat. Nach der Geburt der sehnsüchtig erwarteten Tochter muss das Königsehepaar leider feststellen, dass die Prinzessin gesundheitliche Probleme hat: Jedes Mal, wenn sie von den Speisen im Allesleckerland ist, fängt ihr Bauch an zu blubbern und sie muss schrecklich pupsen. Das gesamte Königreich leidet unter den heftigen Blähungen der Prinzessin und nichts bleibt unversucht, um Abhilfe zu schaffen. Der Erfinder Schlaumeyer Soistsleichter erfindet sogar eine knatternde Pupsmaschine. Aber erst die Ankunft von Doktor Wasvertragichnicht bringt der Prinzessin Erleichterung. Die Diagnose: Prinzessin Blubberbauch verträgt die zuckerhaltigen und fettigen Nahrungsmittel des Allesleckerlands nicht. Eine ausgewogene Ernährung, die vor allem die Nahrungsmittel aus den angrenzenden Ländern mit einbezieht (Obst- und Gemüseland, Vollkornland und Eierland), beendet die Bauchprobleme der Prinzessin.

Richtig gut gefallen haben uns:

  • die schönen Illustrationen
  • der große goldene Umschlag, der sich hinten im Buch versteckt.
  • die fröhliche Tonalität
  • der positive Umgang mit dem Thema Blähungen, der Scham nimmt und Gelassenheit vermittelt (zum Beispiel in Form einer persönlichen Pupsliste mit Wölkchen zum selbst ausfüllen)
  • das Erklärregister für schwierige Wörter (im Text durch ein Krönchen gekennzeichnet).

Luft nach oben sehen wir:

  • Bei der medizinischen Exaktheit: Das Buch richtet sich explizit an Kinder mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Dazu zählen im ärztlichen Sinn Allergien wie die Erdnussallergie und auch Intoleranzen wie die Laktoseintoleranz. Diese Unverträglichkeiten lassen sich nicht durch eine möglichst ausgewogene Ernährung beheben, sie sind durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems oder einen Enzymmangel im Darm begründet. Der strenge Verzicht ist oft die einzige Maßnahme, die dauerhaft Erleichterung bringt. In diesem Punkt geht das Buch an der medizinischen Realität vorbei und wirft „unausgewogene Ernährung“ und „Nahrungsmittelunverträglichkeiten“ in einen Topf. Auch wenn wir überzeugt für eine vielfältige Ernährung im Kindesalter einstehen – Verdauungsgerumpel nach zuviel Fett im Essen ist weder eine Allergie noch eine Intoleranz.
  • Bei der Länge: In der Kürze liegt die Würze. Bevor Doktor Wasvertragichnicht auf Seite 87 mit der Diagnose beginnt, vergeht viel Zeit im Allesleckerland. Wir hätten gefühlt nicht unbedingt bei jedem – Verzeihung – Pups dabei sein müssen.
  • Bei der Zielgruppe: Im Vordergrund des Buchs steht die Sorge der (Königs-)Eltern und die Geräusch- und Geruchsbelastung der Einwohner von Allesleckerland. Prinzessin Blubberbauch ist ein Baby, das nicht sprechen kann. Klar, dass ihre Befindlichkeiten noch nicht so im Vordergrund stehen können. Für Kinder, die unter Bauchproblemen leiden, werden damit aber auch keine Strategien für den Umgang aufgezeigt. Bei uns hat sich an der ein oder anderen Stelle die Frage aufgedrängt, für wen dieses Buch eigentlich geschrieben wurde: die Vorleser (Eltern) oder die Zuhörer (Kinder).

Fazit: Es stecken viel Sympathie, Kreativität und Herzlichkeit in diesem Buch. Die liebevollen Details machen es zur unterhaltsamen Lektüre, der goldene Überraschungsumschlag ist ein Highlight. Wer sein Kind über das Thema Nahrungsmittelallergie aufklären möchte und nach Umgangsstrategien sucht, sollte noch eine Alternative hinzuziehen.

Gesamtbewertung:Sterne Buchsbesprechung