Hühnereiallergie

Das Hühnerei zählt zu den tierischen Nahrungsmittelallergenen und enthält bestimmte Proteine, die bei vorgeprägten Menschen eine Immunantwort auslösen können. Die wichtigsten Allergene befinden sich im Eiweiß, das Eigelb löst sehr viel seltener Allergien aus.

Verbreitung

Hühnerei ist einer der häufigsten Allergieauslöser weltweit. Durch wissenschaftlich durchgeführte Tests konnte die Allergie europaweit bei 0,2% der Bevölkerung nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu steht die Selbsteinschätzung der Untersuchten:  2,5% der befragten Patienten geben an, unter einer Hühnereiallergie zu leiden (Stand 2015).

Auslöser

Die beiden wichtigsten Allergene heißen Ovomukoid und Ovalbumin. Sie befinden sich im Hühnereiweiß. Ovomukoid ist säureresistent und hitzestabil. Allergiker, die auf Ovomukoid allergisch reagieren, vertragen in der Regel weder rohe noch gekochte Eier. Ovalbumin hat die Eigenschaft, bei hohen Temperaturen zu zerfallen. Menschen, die auf dieses Allergen reagieren, vertragen häufig gekochte Eier. Es gibt nur wenige Berichte von Hühnereiallergikern, die auch auf Hühnerfleisch allergisch reagieren. Vorsicht ist jedoch bei Impfstoffen geboten, die auf der Basis von hühnereihaltigem Nährboden hergestellt werden. Hühnerei ist in Eierspeisen und vielen verarbeiteten Lebensmitteln als Bindemittel enthalten.

Beschwerden

Die Symptome zeigen sich innerhalb von kurzer Zeit nach dem Kontakt und meist im Verdauungstrakt in Form von Schluckstörungen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall und Blähungen. Die Haut kann bei einer Hühnereiallergie ebenfalls betroffen sein. An der Haut zeigen sich Rötung, Quaddeln, Juckreiz. Bei manchen Patienten entstehen auch Schwellungen im Gesicht. Auch eine Neurodermitis kann durch eine Hühnereiallergie ausgelöst oder verschlechtert werden. Ähnlich wie bei anderen Nahrungsmittelallergien können sich die Beschwerden auch an den Atemwegen zeigen. Dann  entstehen allergischer Schnupfen oder asthmatischen Beschwerden. In seltenen Fällen kann es zum anaphylaktischen Schock mit Atemnot und Kreislaufstillstand kommen.

Hühnereiallergie im Kindesalter

Die Eiallergie ist nach der Milchallergie die zweithäufigste allergische Erkrankung im Kindesalter. Sie entsteht meist  in den ersten zwei Lebensjahren. Allergische Kinder leiden unter Durchfall und Erbrechen, Wachstumsstörungen und / oder einer chronischen Hautentzündung (Neurodermitis). Bei der Hühnereiallergie besteht bei 50 – 80 % der Kinder die Aussicht auf eine spontane Abheilung im Schulalter.

Hühnereiallergie im Erwachsenenalter

Hühnereiallergien entstehen selten erst im Erwachsenenalter. Von Bedeutung (wenn auch sehr selten) ist das so genannte Vogel-Ei-Syndrom (Bird-Egg-Syndrom). Dabei entwickeln Vogelhalter eine Allergie mit Symptomen der Atemwege auf Vogelkot und Federn. Im weiteren Krankheitsverlauf reagieren Menschen, die unter dem Vogel-Ei-Syndrom leiden, auch auf Hühnerei. Anders als bei der kindlichen Primärallergie befindet sich das Allergen des Vogel-Ei-Syndroms jedoch nicht im Eiklar, sondern im Eidotter.

Diagnoseverfahren

Ein wichtiger Baustein des Diagnoseverfahrens ist die so genannte Anamnese. Dabei befragt der Arzt den Patienten nach Essgewohnheiten und Symptomen und leitet dann mögliche Ursachen ab. Ein solcher Verdacht wird – je nach Beschwerden – mit einem Haut– oder Bluttest weiter abgesichert. Diese Tests zeigen eine Allergiebereitschaft für einen bestimmten Stoff an, sie können jedoch keine Allergie beweisen. Deshalb wird im Zweifelsfall ein weiteres Diagnoseverfahren herangezogen: Der Provokationstest. Dabei werden dem Patienten unter ärztlicher Beobachtung kleinste Mengen eines Allergens verabreicht. So kann überprüft werden, ob das Hühnerei allergieauslösend ist oder ob es von der Liste der verdächtigen Stoffe gestrichen werden kann.

Therapie

Die wichtigste Methode, um eine Linderung der Beschwerden zu erzielen, ist die so genannte Karenz  (Allergenvermeidung). Dabei wird das Hühnerei aus der Ernährung ausgeschlossen. Um Mangelerscheinungen zu vermeiden, sollte dieser Schritt unbedingt von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft begleitet und keinesfalls ohne ärztliche Diagnosestellung durchgeführt werden. Wenn das Hühnerei zu einem späteren Zeitpunkt wieder vertragen wird, ist eine meidende Diät nicht mehr notwendig.

Medikamentöse Therapien sind für Menschen mit sehr schweren Nahrungsmitteln angezeigt. Patienten, bei denen schon kleinste Mengen schwere Reaktionen wie zum Beispiel einen anaphylaktischen Schock auslösen, müssen ein Notfallset bestehend aus Adrenalin-Autoinjektor, Kortison (flüssig oder in Tablettenform) und einem Antihistaminikum (flüssig oder in Tablettenform) bei sich tragen.

Für die Immuntherapie, bei der die Allergie in ihren Ursachen behandelt wird, gibt es für die Nahrungsmittelallergien im Allgemeinen und auch für die Hühnereiallergie keine klare Datenlage. Neue Studien aus dem Jahr 2015 legen nahe, dass bei einer Erdnussallergie Erfolge durch eine so genannte Desensibilisierung möglich sind. Dabei werden dem Patienten kleine Mengen des Allergens zugeführt und das Immunsystem so stimuliert, dass es am Ende der Therapie auch größere Mengen des auslösenden Stoffes verträgt. Ob diese Therapie in Zukunft auch bei einer Hühnereiallergie angewendet werden kann, ist bislang unklar.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: Juli 2016