4. Mai 2016
Familienalltag mit Erdnussallergie – Ein Vater erzählt (Teil 5)

Teil 5: Elternstress

Über die Allergie und ihr Krankheitsbild können sich Allergiker und Angehörige mittlerweile gut informieren, auf Webseiten, mit Hilfe von Broschüren, im Arztgespräch. Den Familienalltag mit allergischen Kindern kennen in der Regel nur die Familien selbst. In unserer fünfteiligen Serie lassen wir einen Familienvater mit einem hochallergischen Kind zu Wort kommen, wir geben Einblicke, wollen Verständnis schaffen, auch ermutigen und Wege durch den Alltag aufzeigen. Wir sprachen mit Christian, 41, aus Berlin, über die Herausforderungen, die sich durch die schwere Erdnussallergie seines Sohns Luis ergeben. Im Alter von vier Jahren wurde die Allergie festgestellt, der Junge ist heute neun. Eine Allergie kann den Alltag der ganzen Familie bestimmen, auch das Verhältnis der Eltern zueinander.

Erdnussallergie und Elternstress

Luis‘ Erdnussallergie stellt für Christian und seine Frau eine zusätzliche Belastung dar. Dem Kind ein normales Leben zu ermöglichen und gleichzeitig aufpassen zu müssen, dass ihm nichts passiert, kostet Nerven und Zeit. Ist Luis bei neuen Freunden oder auf einem Kindergeburtstag in neuer Umgebung eingeladen, verstärkt sich die Sorge der Eltern. „Man denkt schon kurz darüber nach, ob er abends wieder gesund nach Hause kommt“, erzählt Christian. „Es ist nicht so: man gibt ihn dort ab, hat vorher alles geklärt und kann sich nun entspannen.“

Gleichzeitig vertraut Christian seinem Sohn, dass er mit zehn Jahren manches selbst einschätzen und Verantwortung übernehmen kann. Seine Medikamente immer bei sich zu tragen, dafür ist Luis selbst verantwortlich, in der Schule, auch beim Schwimmunterricht. Christian denkt nicht, dass Luis sich mutwillig selbst in Gefahr bringen würde, indem er etwa eine Erdnuss isst. Für Christians Frau stehen die Gefahren deutlicher im Vordergrund. „Ich habe zum Beispiel keine Angst, dass Luis plötzlich einen tödlichen Anfall bekommen könnte“, erläutert Christian. „Ich denke eher rational und halte es für unwahrscheinlich, dass der Junge von sich aus eine Erdnuss isst. Auch Spuren in Lebensmitteln sehe ich nicht als so bedrohlich an.“

Christian kennt auch Familien mit hochallergischen Kindern, wo die Angst genau umgekehrt verteilt ist, dort macht sich der Vater mehr Sorgen als die Mutter. Dass die unterschiedlichen Herangehensweisen in der Partnerschaft eine Rolle spielen, gibt Christian gerne zu, auch, dass es nicht einfach ist, die unterschiedlichen Standpunkte zu akzeptieren. „Wir tauschen unsere Argumente aus, und die werden dann von beiden toleriert. Manche Dinge sehen wir einfach anders.“
Was können Eltern tun, um den Stress im Alltag möglichst gering zu halten? „In der ersten Zeit muss man da einfach durch“, fasst Christian zusammen. „Uns hat es geholfen, systematisch an die Sache heranzugehen und Checklisten aufzustellen. Die haben wir jetzt im Kopf und arbeiten sie ab. Das wird zur Routine, die dann automatisch abgespult wird.“

Als Luis eingeschult werden sollte, haben sich Christian und seine Frau auf die Suche nach Eltern gemacht, die in einer ähnlichen Situation waren: ein hocherdnussallergisches Kind soll auf einmal in die Schule gehen. Damals haben sie im Allergie-Centrum der Charité einen Aushang gemacht und einen Elternstammtisch gegründet. Christian lacht, als er an diese Zeit denkt. „Die hatten alle Kinder im Alter unseres Sohns. Da ging es um ganz konkrete Fragen und Tipps. Wie klärt man das Thema mit der Schulverwaltung, wie regelt man das mit den Notfallmedikamenten, soll das Kind sie bei sich tragen oder sollen die irgendwo in der Schule gelagert werden?“ Christian schüttelt den Kopf. „Das war eine ganz schöne Arbeit. Wir wussten das alles nicht. Was für Aushänge macht man in der Schule und vor allem wo? Wie spricht man mit dem Schul-Caterer?“ Mittlerweile sind alle Kinder eingeschult und der Zweck des Stammtischs hat sich erfüllt. Jetzt stehen neue Themen an: Schulausflug oder Klassenfahrt.

Wir danken Christian für dieses Interview. Gesprochen hat er mit Matthias Colli und Johanna Rupp von ECARF.