10. März 2016
Familienalltag mit Erdnussallergie – Ein Vater erzählt (Teil 1)

Aus Datenschutzgründen zeigt das Foto nicht Luis.

Teil 1: Schulalltag

Über die Allergie und ihr Krankheitsbild können sich Allergiker und Angehörige mittlerweile gut informieren, auf Webseiten, mit Hilfe von Broschüren, im Arztgespräch. Den Familienalltag mit allergischen Kindern kennen in der Regel nur die Familien selbst. In unserer fünfteiligen Serie wollen wir einen Berliner Familienvater mit einem hochallergischen Kind zu Wort kommen lassen, Einblicke geben, Verständnis schaffen, auch ermutigen und Wege durch den Alltag aufzeigen.

Wir sprachen mit Christian, 41, über die Herausforderungen, die sich durch die schwere Erdnussallergie seines Sohns Luis ergeben, und wie die Familie sie meistert. Im Alter von vier Jahren wurde die Allergie festgestellt, Luis ist heute neun und geht in die Schule.

Erdnussallergie im Schulalltag

In der Schule wissen alle Lehrer über Luis‘ schwere Allergie Bescheid, egal, ob sie das Kind unterrichten oder nicht. „Das geht an unserer Schule ganz gut“, holt Christian aus, „ich werde immer zur Lehrerkonferenz vor dem Schuljahresstart eingeladen und mache so eine Art ‚Sicherheitsbelehrung‘. Ich bin schon richtig eingeplant. Vor mir spricht jedes Mal einer von der Feuerwehr zur Brandübung und danach komme ich mit meinem Allergievortrag.“

Jeder Lehrer wird von ihm eingewiesen: Wie bedient man die Notfallspritze? Was sind die Alarmzeichen? Was darf Luis essen, was nicht? „Man muss allen klarmachen: Es gibt hier ein Kind mit starker Allergie und wenn es plötzlich in der Ecke sitzt und hustet, sollte man als Lehrer sofort reagieren!“, hebt Christian hervor. „Das heißt aber auch: Alle müssen Luis‘ Gesicht kennen.“ Deshalb hängt im Lehrerzimmer ein großes Foto von Luis. Viele Lehrer reagieren beim Thema Notfall allerdings zurückhaltend. „Wir zeigen ihnen Luis‘ Medikamente und sie haben rechtliche Bedenken, ob sie das anwenden dürfen.“

Am Elternabend werden auch die Eltern der Mitschüler aus Luis‘ Klasse informiert. Christian bittet sie darauf zu verzichten, ihren Kindern Erdnusshaltiges zum Essen mitzugeben, und erklärt, in welchen Süßigkeiten sich Erdnüsse oder Spuren davon finden lassen. „Die meisten wissen, dass es M&Ms mit Erdnüssen gibt. Aber dass in Folge dessen auch alle anderen M&Ms Spuren von Erdnüssen enthalten, weil sie auf denselben Produktionsbändern laufen, das wissen die meisten nicht“, betont er. Luis reagiert sogar auf Erdnusspartikel in der Luft, wenn etwa eine Tüte Erdnussflips aufgerissen wird.

In der Regel kommen die Eltern Christians Bitte nach. Für den Fall, dass ein Geburtstagskind doch einmal für alle Süßigkeiten mitbringt, die Luis nicht essen kann, haben seine Eltern einen Vorrat an erdnussfreien Leckereien im Klassenzimmerschrank deponiert.
Mit dem Schul-Caterer wird detailliert abgesprochen, welche Gerichte für Luis in Frage kommen. „Da aber in Berlin mittlerweile auf so viele unterschiedliche Essgewohnheiten der Kinder eingegangen wird – Vegetarier, muslimische oder laktoseintolerante Kinder – trennen die Köche ihre Speisen bereits gut und die meisten verarbeiten keine Erdnüsse“, freut sich Christian.
In Luis‘ Schulhort reagieren gleich mehrere Kinder auf Nüsse allergisch, und die Hortleitung hat von sich aus entschieden, auf nuss- und erdnusshaltige Speisen grundsätzlich zu verzichten.

Wir danken Christian für dieses Interview. Gesprochen hat er mit Matthias Colli und Johanna Rupp von ECARF.

 

Christian
Nächster Teil:
– Einkaufen und Essen mit Erdnussallergie