21. März 2018
ADF/ECARF Award 2018: Welche Rolle Hautbakterien bei Neurodermitis spielen und warum Diabetiker seltener Kontaktallergien haben

Die Preisträger des diesjährigen ADF/ECARF Award stehen fest: Ausgezeichnet wurden zwei Teams, die Wechselwirkungen bei entzündlichen Hauterkrankungen erforschen: Die Wissenschaftler um Dr. Hansjörg Baurecht vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein beschreiben in ihrer prämierten Studie1, wie sich die bakterielle Besiedelungen der Haut bei Neurodermitis verändert. Die Forschungsgruppe um Dr. Talkea Schmidt von der Universitätsmedizin Mainz hat untersucht, wie sich ein Typ-1-Diabetes auf eine allergische Kontaktdermatitis auswirkt2. Der mit insgesamt 5.000 Euro dotierte Preis wurde am 09. März auf der 45. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Forschung (ADF) in Zürich verliehen.

Das Mikrobiom der Haut, d.h. die Gesamtheit der Mikroorganismen auf der Haut, ist bei Menschen mit Neurodermitis anders zusammengesetzt und weniger vielfältig als bei hautgesunden Menschen. Bisher bezog sich diese Beobachtung vor allem auf Körperstellen, die bei der Erkrankung typischerweise betroffenen sind – wie etwa Armbeugen oder Kniekehlen. Die Kieler Forscher konnten nachweisen, dass sich bei Neurodermitis auch das Mikrobiom der nicht betroffenen Hautareale verändert. „Die Diversität, also die Bakterienvielfalt, und der Anteil bestimmter Staphylokokken nimmt

 

von gesunder über trockene zu entzündeter Haut sukkzessive ab, während bestimmte andere Stämme, insbesondere S. aureus immer mehr dominieren“, kommentierte Dr. Hansjörg Baurecht. „Die Entzündung verändert das Hautmikrobiom massiv, unabhängig von der Körperstelle. Das hatten wir in dem Ausmaß nicht erwartet.“

Preisträger 2018 (ECARF/ADF)

Laut Prof. Dr. med. Dr. h. c. Torsten Zuberbier, Leiter der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) und Vorsitzender der Jury, trägt die Studie zum besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen Mikrobiom und Hautfunktion bei. Er sieht in der Arbeit „wichtige Grundlagenforschung für neue Therapien, mit denen sich das Mikrobiom der Haut beeinflussen lässt. Das gesamte Feld ist sehr spannend, insbesondere aus der Magen-Darm Forschung wissen wir bereits viel über gesundheitsfördernde Mikroorganismen, wie beispielsweise Lactobazillen und über Möglichkeiten diese mit Nahrungsmitteln zu verändern. Ähnlich könnte man mit speziellen Cremes die „guten“ Bakterien der Haut fördern.“

Neue Einsichten bietet auch die prämierte Mainzer Forschungsarbeit: „Die Untersuchung liefert weitere Erkenntnisse darüber, auf welche Weise Allergien und Autoimmunerkrankungen zusammenhängen.“, so der Juryvorsitzende.

Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, Psoriasis, oder Rheumatoider Arthritis seltener eine allergische Kontaktdermatitis entwickeln als gesunde Menschen. Die Forscher um Dr. Talkea Schmidt wollten diese Beobachtungen überprüfen, indem sie die entsprechenden Immunvorgänge am Tiermodell untersuchten. Dazu lösten sie bei Mäusen mit Diabetes eine Überempfindlichkeitsreaktion („contact hypersensitivity“, CHS) auf ein Kontaktallergen aus, indem sie die sensibilisierende Substanz auf die Ohren der Tiere aufbrachten. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass sich die Haut der zuckerkranken Mäuse anschließend weniger entzündete (geringere Schwellung, weniger entzündliche Infiltrate) als die Haut der Mäuse ohne Zuckerkrankheit. Zudem wiesen sie nach, dass der Botenstoff Interleukin-10 dabei eine wesentliche Rolle spielte: Die Diabetes-Mäuse mit der geringeren Entzündung hatten höhere Interleukin-10 Werte als die Kontrollgruppe mit der ausgeprägten Entzündung. Wurde bei den Diabetes-Mäusen das Interleukin-10 blockiert, flammte die Entzündung auf.

Mit ihrer Arbeit wollen die Forscher dazu beitragen, dass immunvermittelte entzündliche Erkrankungen künftig besser behandelbar sind.

(1) Baurecht H, Rühlemann MC, Rodríguez E, Thielking F, Harder I, Erkens AS, Stölzl D, Ellinghaus E, Hotze M, Lieb W, Wang S, Heinsen FA, Franke A und Weidinger S (2018): Epidermal lipid composition, barrier integrity and eczematous inflammation are associated with skin microbiome configuration. Journal of Allergy and Clinical Immunology, https://doi.org/10.1016/j.jaci.2018.01.019
(2) Schmidt T, Lorenz N, Raker VK, Steinbrink K: How autoimmunity fights with allergy: Impaired development of allergic contact dermatitis in type I diabetic mice (unveröffentlichte Studie)