Was passiert bei einer Allergie in meinem Körper?

Bei einer Allergie laufen im Prinzip ähnliche Vorgänge ab wie bei einer normalen Immunabwehr: Das Immunsystem identifiziert einen Eindringling als Gefahr und setzt verschiedene Hebel in Gang, um den Störenfried wieder loszuwerden. Bei einer Grippe oder Erkältung erfüllt dieser Abwehrkampf eine wichtige Funktion. Eine allergische Reaktion ist problematisch, weil der Körper harmlose Stoffe wie Pollen oder Nahrungsbestandteile als gefährlich bewertet und dann seine Abwehrkräfte mobilisiert. Was ist bei Allergikern anders? Und warum irrt sich das Immunsystem?

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Wenn Allergene, zum Beispiel Pollen, auf die Haut oder Schleimhaut treffen, lösen sich Peptide Charitee-allergie-2-06. Das sind winzig kleine Eiweißverbindungen.

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Die Peptide durchdringen die Hautbarriere und docken an IgE-Antikörper Charitee-allergie-2-08an. Die Antikörper haben sich zuvor mit einer Mastzelle verbunden. Mastzellen sind dort angesiedelt, wo häufig Kontakt mit Allergenen besteht: in der Haut, den Atemwegen oder dem Darm. Sie sind für die allergische Reaktion entscheidend.

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Mastzellen speichern unter anderem den Botenstoff Histamin Charitee-allergie-2-07. Das ist eine Substanz, die bei entzündlichen Prozessen eine wichtige Rolle spielt. Wenn ein Allergen sich mit den angelagerten IgE-Antikörpern verbindet, schüttet die Mastzelle unmittelbar das gespeicherte Histamin und andere Entzündungsbotenstoffe aus.

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Die ausgeschütteten Entzündungsstoffe bewirken dann, dass die Haut anschwillt, Sekret (Flüssigkeit) produziert wird, Juckreiz einsetzt, Quaddeln entstehen oder sich die Atemwege verengen.

 

Wann Beschwerden auftreten, hängt vom Allergie-Typ ab

In der Allergologie werden vier verschiedene Allergietypen (Typ I-IV) unterschieden. Typ I-III gehören zum Soforttyp und werden durch Antikörper (Immunglobuline, kurz: Ig) ausgelöst. Typ-I ist der häufigste Reaktionstyp. Heuschnupfen, einige Nahrungsmittelallergien und das allergisches Asthma lösen  allergische Reaktionen vom Typ I aus. Eine wichtige Rolle spielen dabei die IgE-Antikörper.

Bei gesunden Menschen kommen IgE-Antikörper nur in einer geringen Menge im Körper vor. Bei Menschen mit Allergie, davon gehen WissenschaftlerInnen heute aus, besteht ein Überschuss an IgE-Antikörpern. Die IgE-Antikörper hängen sich gerne an die Oberfläche von anderen Zellen. Ein beliebter Landeplatz ist die so genannte Mastzelle. Sie speichert Botenstoffe, die Entzündungsreaktionen auslösen. Wenn dann ein Allergen an einen IgE-Antikörper andockt, schüttet die Mastzelle Botenstoffe aus, die entzündliche Symptome bewirken.

In unserem Comic wird es noch mal anschaulich erklärt:

 

 

Allergie-Typ II (zytotoxischer Typ): Der Begriff „zytotoxisch“ kommt aus dem Altgriechischen, „zyto“ bedeutet „Zelle“ und „toxisch“ giftig. Die Immunreaktion richtet sich gegen körpereigene Zellen, an die Allergene (z.B. Medikamente) angedockt haben.
Diesen Komplex greift das Immunsystem dann an: Frei im Blut schwimmende Antikörper (Immunglobulin G und M) sorgen dafür, dass so genannte Killerzellen, Enzyme oder Eiweiße diese Komplexe zerstören.
Bis die ersten Beschwerden auftreten, vergehen nur Minuten bis wenige Stunden. Dieser Reaktionstyp kann beispielsweise nach Bluttransfusionen auftreten, wenn das Transfusionsblut nicht mit der Blutgruppe der/des Empfängerin/Empfängers übereinstimmt. Auch bestimmte Medikamente (z.B. Schmerzmittel und Antibiotika) können zytotoxische Reaktionen auslösen.

Allergie-Typ III (Immunkomplex-Typ): Auch hier verbinden sich Allergene mit Antikörpern im Blut. Der Immunkomplex entsteht innerhalb von Stunden nach dem Allergenkontakt. IgG-, IgA- und IgM-Antikörper sind daran beteiligt. Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) werden aktiviert und lösen die Komplexe wieder auf. Dieser Reaktionstyp ist selten, aber meist mit deutlichen Beschwerden wie hohem Fieber, Hautausschlag am ganzen Körper (generalisiertes Erythem) oder Lymphknotenschwellung verbunden. Allergische Gefäßentzündungen (Vaskulitiden), bestimmte Medikamente und Insektengifte können eine Allergie-Typ III auslösen.

Allergie-Typ IV (Spättyp): Der Name „Spättyp“ weist bereits darauf hin, dass Beschwerden erst Stunden bis Tage nach Kontakt mit dem Allergen auftreten. Dies macht es häufig schwierig die Symptome richtig zuzuordnen. An dieser Reaktion sind keine Antikörper beteiligt. Die Immunantwort wird durch bestimmte Immunzellen ausgelöst, die T-Lymphozyten. Es handelt sich also um eine zellvermittelte Reaktion. T-Lymphozyten überwachen ständig, ob Fremdmaterial in den Körper eindringt und speichern diese Information. Erkennen solche T-Gedächtniszellen das Allergen erneut im Blut, aktivieren sie das Immunsystem.. Diese Typ IV Reaktion kann beispielsweise bei Kontaktallergien (z.B. auf Nickel oder Tierhaare), bestimmten Medikamenten (z.B. Antibiotika, Blutzuckersenker) oder der Abstoßung von transplantierten Organen ausgelöst werden.

 

Zeichnung: Tobias Borries

Comic: Daniela Schreiter (Fuchskind)

Prof. Dr. med. Dr. h. c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: August 2019 (ch/ktg)