Allergischer Schnupfen

Der allergische Schnupfen (Fachbegriff: allergische Rhinitis) wird umgangssprachlich oft als Heuschnupfen bezeichnet. Streng genommen ist das nicht ganz richtig – schließlich bezieht sich der Begriff „Heuschnupfen“ eigentlich nur auf allergische Reaktionen, die durch (Gräser-)Pollen hervorgerufen werden. Der allergische Schnupfen kann jedoch auch durch andere Stoffe wie Tierhaare, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze ausgelöst werden.

Definition

Der allergische Schnupfen ist eine entzündliche, vom körpereigenen Abwehrsystem vermittelte Erkrankung, die sich durch Niesen, Juckreiz der Nase, eine erschwerte Nasenatmung und/oder eine „laufende Nase“ (Fachbegriff: vermehrtes Nasensekret) zeigt. Er tritt als Reaktion auf allergieauslösende Stoffe in der Luft auf (Fachbegriff: Aeroallergene) und kann – je nach Allergen – saisonal oder ganzjährig Beschwerden verursachen.

Verbreitung bei Kindern und Erwachsenen

Die Erkrankung tritt in allen Altersgruppen häufig auf. Sie beginnt oftmals bereits im Kindesalter und bleibt meist über die gesamte Lebensdauer bestehen.

Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization; WHO) waren im Jahr 2007 weltweit etwa 400 Millionen Menschen von allergischem Schnupfen betroffen. In Europa landete die Erkrankung in puncto Häufigkeit auf dem ersten Platz: Etwa jeder vierte Europäer litt darunter.  Viele Menschen – etwa 40 % der Gesamtbevölkerung  –   entwickeln im Lauf der Zeit durch den Schleimhautkontakt mit Allergenen eine Allergiebereitschaft (Fachbegriff: Sensibilisierung). Aber nicht jeder Mensch mit einer Sensiblisierung leidet tatsächlich auch unter allergischen Beschwerden. Mediziner sprechen dann von einer sogenannten „stummen“ Allergie.

Ursachen und Auslöser

Experten gehen davon aus, dass sowohl Umweltfaktoren wie Tabakrauch und Schadstoffbelastungen in der Natur als auch erbliche Komponenten bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen könnten. Es ist bis heute jedoch  noch nicht abschließend erforscht, warum einige Menschen Allergien entwickeln und andere lediglich eine stumme oder gar keine Allergien haben. Als Auslöser für den allergischen Schnupfen kommen jahreszeitlich vorkommende Allergene wie Pollen von Bäumen, Gräsern oder Kräutern aber auch Schimmelpilzsporen sowie ganzjährig auftretende Stoffe wie Hausstaubmilben und Tierhaare in Frage.

Bei den saisonal auftretenden Pollen spielen in Deutschland besonders die von Birke, Hasel, Erle und Esche sowie von Süßgräsern, Beifuß und Beifuß-Ambrosie eine Rolle. Wie viele und welche Allergene in der Luft sind, hängt unter anderem  von der geographischen Region ab und auch davon, ob auf dem Land oder in der Stadt gemessen wird.

Aber wie kommt der allergische Schnupfen im Körper nun zustande? Während der Sensibilisierungsphase aktiviert das von der Schleimhaut aufgenommene Allergen zum ersten Mal bestimmte Körperabwehrzellen, meist in den Lymphknoten. Gleichzeitig wird eine Reihe weiterer Prozesse im Immunsystem des Körpers in Bewegung gesetzt. Im Endergebnis bildet der Körper Abwehrzellen, die sich spezifisch gegen dieses Allergen richten und passende Strukturen an der Oberfläche tragen, um an dieses Allergen andocken zu können.

Wenn der Körper nun erneut mit dem Allergen in Berührung kommt, werden diese Zellen aktiv und binden die Allergene an sich. Für die effektive Abwehr werden weitere Zellen mobilisiert, die Entzündungsbotenstoffe ausschütten, unter anderem Histamin und Leukotriene. Durch diese Botenstoffe werden die typischen Beschwerden des allergischen Schnupfens (z. B. geschwollene Schleimhäute) hervorgerufen.

Beschwerden

Die Beschwerden entstehen vor allem dort, wo die Pollen-Allergene direkt auftreffen- an den Schleimhäuten von Nase, Augen und Mund. Dadurch sind folgende Symptome möglich:

  • Nase: Fließschnupfen mit wässrigem Sekret, verstopfte Nase, Nasenjucken, Niesreiz
  • Augen: Bindehautrötung, Juckreiz, Tränen
  • Mund/Rachen: Brennen, Jucken
  • Ohren: juckende Gehörgänge
  • Lunge: trockener Husten (besonders nachts), pfeifende Atmung, Luftnot (Asthma)
  • Haut: Verschlechterung einer Neurodermitis, selten Quaddeln, Rötung
  • Allgemeinsymptome: Müdigkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen

Gefürchtet ist der sogenannte „Etagenwechsel“, bei dem sich aus einem  allergischer Schnupfen ein Asthma entwickelt.

Diagnose

In einigen Fällen kann der Arzt die Diagnose bereits aufgrund der Patientengeschichte stellen. Dabei werden im Gespräch Beschwerden und mögliche Zusammenhänge erfragt und diese analysiert (Fachbegriff: Anamnese). Um die Suche nach möglichen Auslösern zu unterstützen, können Sie im Vorfeld genau beobachten, wann und wobei der allergische Schnupfen auftritt. Hierfür kann beispielsweise ein Patiententagebuch oder ein digitales Angebot wie die Pollen-App zum Einsatz kommen. Grundsätzlich ist es einfacher, die Krankheit zu diagnostizieren, wenn saisonale Beschwerden vorhanden sind oder eindeutig ein einzelner Auslöser erkannt werden kann, als wenn die Symptome chronisch sind oder mehrere Auslöser in Frage kommen. Außerdem können Formen der nicht-allergischen Rhinitis zu ähnlichen Beschwerden führen und müssen deshalb bei der Diagnose ausgeschlossen werden.

Bei Kindern, insbesondere kleinen Kindern, kann die Diagnose herausfordernd sein. Manchmal kommt es vor, dass sie wegen einer verstopften Nase lediglich chronisch durch den Mund atmen und sonst kaum Symptome zeigen. Gerade in den ersten Lebensjahren ist es für die Eltern schwierig, einen allergischen Schnupfen von einer viralen Atemwegsinfektion zu unterscheiden.

Die körperliche Untersuchung umfasst üblicherweise die Atemwege, den Hals, die Ohren und den Brustkorb. Eine weitere Absicherung erfolgt über verschiedene Allergietests, wie zum Beispiel den so genannten Haut-Pricktest oder eine Blutuntersuchung.

Therapie

Die Behandlung des allergischen Schnupfens beginnt normalerweise mit bestimmten Antiallergiemedikamenten, so genannten Antihistaminika. Viele dieser Präparate sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und werden deshalb von den Patienten häufig auf eigene Veranlassung eingenommen. Wegen der schnellen Wirkung können sie auch bei Bedarf eingesetzt werden. Antihistaminika blockieren die Andockstellen des Histamins im Körper und reduzieren so die allergische Reaktion. Die Substanzen wirken relativ schnell, Präparate der ersten Generation können allerdings als Nebenwirkung Müdigkeit und Benommenheit mit sich bringen. Die neueren Antihistaminika haben ein günstigeres Nebenwirkungsprofil: Müdigkeit und Kopfschmerzen sind seltener.

Zur Behandlung stehen außerdem kortisonhaltige oder abschwellende Nasensprays, antiallergische Augentropfen sowie so genannte Leukotrienantagonisten (Medikamente, die die Wirkung des Botenstoffs Leukotrien herabsetzen) zur Verfügung.

Kortisonhaltige Nasen-Sprays wirken entzündungshemmend und unterdrücken Beschwerden wie eine laufende oder verstopfte Nase. Die Präparate beginnen meist erst nach 12 bis 24 Stunden zu wirken und entfalten ihre volle Wirksamkeit nach drei bis sieben Tagen. Moderne kortisonhaltige Nasensprays entfalten ihre Wirkung nur lokal und haben keine Nebenwirkungen im restlichen Körper. Als unerwünschte Wirkung kann es zu Trockenheit der Nasenschleimhaut, Nasenbluten oder Kopfschmerzen kommen. Allerdings wurde auch das Risiko einer Wachstumsverzögerung bei Kindern und Jugendlichen beschrieben (für den Wirkstoff Beclomethasondipropionat). Obwohl die Wahrscheinlichkeit als gering eingestuft wird, sind bei langfristiger Gabe regelmäßige ärztliche Kontrollen sinnvoll.

Leukotrienantagonisten hemmen die Wirkung von Leukotrienen, also von Botenstoffen, die wie Histamin eine wichtige Rolle bei der (allergischen) Entzündung spielen. Sie werden zur Behandlung von Asthma eingesetzt. Da sie auch bei allergischem Schnupfen wirken (weniger stark als Antihistaminika-Tabletten), kommen sie dann als Mittel zweiter Wahl zum Einsatz, wenn Betroffene sowohl unter Asthma als auch unter Heuschnupfen leiden. Als Nebenwirkungen kann es zu Kopfschmerzen, Magen-Darm-Störungen und Atemwegsinfektionen kommen.

Bei einigen Patienten lindern die medikamentösen Möglichkeiten die Beschwerden allerdings nicht ausreichend. Für diese Patienten kommt als nächster Schritt eine spezifische Immuntherapie (SIT) in Frage. Dabei wird das Immunsystem über einen längeren Zeitraum hinweg an die Allergene gewöhnt, wofür es unbedingt notwendig ist, die genauen Allergene zu kennen.

Die SIT kann auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden: Bei der herkömmlichen Variante wird das Allergen bis zum Erreichen einer Erhaltungsdosis in steigender Dosis und in bestimmten zeitlichen Abständen in das Unterhautfettgewebe des Oberarms gespritzt (Fachbegriff: subkutan). Diese Therapie muss über mehrere Jahre fortgesetzt werden und kommt am häufigsten bei der Pollen– oder der Hausstaubmilbenallergie zum Einsatz. Da bei Tierhaarallergikern häufiger schwere Nebenwirkungen beobachtet werden, kommt die SIT bei diesen Patienten eher selten zum Einsatz und sollte gut abgewogen werden.

Betroffene, die auf Pollen oder Hausstaubmilben allergisch reagieren, können seit wenigen Jahren die Allergene auch in Tabletten- oder Tropfenform einnehmen. Die Präparate werden unter die Zunge (Fachbegriff: sublingual) gelegt bzw. getropft und nach kurzer Einwirkzeit geschluckt. Die Behandlung erstreckt sich ebenfalls über mehrere Jahre, kann aber leicht zu Hause vorgenommen werden.

Eine Garantie, dass die Allergie anschließend nicht mehr auftritt, gibt es weder bei der subkutanen noch bei der sublingualen Behandlungsform. War die SIT allerdings erfolgreich, bleibt die Wirkung im Gegensatz zur medikamentösen Behandlung jedoch auch nach Therapieende erhalten.

Eine Immuntherapie kommt in Betracht, wenn die Symptome ausgeprägt sind und bereits mehr als zwei Jahre bestehen. Die besten Erfolgsaussichten bestehen bei jungen Patienten, die nicht auf zu viele verschiedene Allergene reagieren.

Die Möglichkeiten, bestehende Allergien ursächlich zu behandeln, sind somit leider beschränkt. Deshalb kommt der Vorbeugung eine besondere Bedeutung zu. Erfahren Sie hier, wie Sie Allergien vorbeugen können.

Leben mit allergischem Schnupfen

Tipps bei allergischem Schnupfen

Unter der Rubrik Alltagstipps können Sie sich über den Umgang mit verschiedenen Allergien informieren:

Prof. Dr. med. Dr. h. c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: April 2017