Hausstaubmilbenallergie

Mit bloßem Auge sind Hausstaubmilben kaum zu erkennen. Sie sind nur zwischen 0,1 und 0,5 Millimeter groß und eigentlich harmlos – sie beißen nicht und übertragen keine Krankheiten. Aber für Menschen mit Allergiebereitschaft können sie zum Problem werden.

Auslöser

Genaugenommen sind es bestimmte Proteine (Eiweiße) im Kot der Hausstaubmilben, die allergen wirken (unter anderem die Proteine Der p1, Der p2). Wenn der Kot trocknet und zerfällt, vermischen sich die Proteine mit dem Hausstaub. Durch das Einatmen des Staubs, der auch die Hüllen toter Milben und weitere Milbenausscheidungen enthält, können allergische Reaktionen entstehen.

Das Immunsystem reagiert dann auf die eigentlich ungefährlichen Proteine mit der Bildung von IgE-Antikörpern. Diese binden an Abwehrzellen des Körpers, sogenannte Mastzellen, die daraufhin entzündungsauslösende Stoffe wie Histamin freisetzen.

Das Histamin und die anderen Botenstoffe stimulieren Drüsen zur Abgabe von Sekret, reizen Nerven und verursachen dadurch Juck- und Niesreiz und bewirken eine Gefäßerweiterung, die zur Rötung und Schwellung der Schleimhäute führt.

Wo sich Hausstaubmilben aufhalten

Hausstaubmilben kommen in jedem Haushalt vor, sie sind kein Zeichen mangelnder Hygiene. Sie bevorzugen es warm, feucht und dunkel: 70 – 80 Prozent Luftfeuchtigkeit und Temperaturen ab 25 Grad sind ideal für die Milben. In trockenen Klimazonen sind sie nicht anzutreffen, selbst wenn es staubig ist. Auf die feuchte Umgebung sind sie angewiesen, weil sie nicht trinken sondern Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus abgeschilferten menschlichen und tierischen Hautschuppen. Sie sind „Hautfresser“ – so lautet der aus dem Griechischen stammende Gattungsname „Dermatophagoides“ übersetzt.

Im Haus kommen sie bevorzugt in Schlafräumen vor, in und auf Matratzen, Bettdecken und Kopfkissen. Dort sind ihre Lebensbedingungen optimal erfüllt: Während des Schlafs dunsten Menschen viel Wasser aus und hinterlassen zahlreiche Hautschuppen. Auch in der Küche sind sie anzutreffen, da durch Kochen ein feucht-warmes Milieu entsteht. Am zahlreichsten finden sich die Milbenallergene aber in staubhaltigen Textilien. Neben Betten sind das Polstermöbel, Teppiche, Vorhänge und Kuscheltiere. Von Mai bis Oktober vermehren sich Hausstaubmilben am stärksten, die Allergenbelastung ist hoch. Im Winter stirbt ein Großteil der Milben ab, durch die Heizungsluft wird der allergenhaltige Staub aber aufgewirbelt, so dass sich die ganzjährigen Beschwerden von betroffenen Patienten im Winter oft verschlechtern.

Beschwerden

Vor allem nachts oder morgens macht sich die Allergie durch wässrigen Fließschnupfen oder eine verstopfte Nase bemerkbar. Es kommt zu Niesattacken, manchmal jucken und tränen die Augen.

Bei fortdauerndem Allergenkontakt kann es zu einer chronischen Entzündung der Nasenschleimhaut kommen, die wiederum eine Nasenmuschelvergrößerung nach sich ziehen kann. Die Nasenatmung ist dadurch eingeschränkt, die Betroffenen atmen vor allem durch den Mund (was unter Umständen häufigere Infekte im HNO-Bereich zur Folge hat).

Auch die Bronchialschleimhaut kann nach einiger Zeit überempfindlich reagieren, Asthma bronchiale entstehen. Symptomatisch sind (nächtlicher) Husten, Luftnot und pfeifender Atem.

In seltenen Fällen ist die Haut mitbeteiligt (Juckreiz, Rötung und Quaddeln). Zudem kann eine Hausstaubmilbenallergie einen Neurodermitis-Schub auslösen.

In manchen Fällen reagieren Menschen mit einer Hausstaubmilbenallergie auch auf den Verzehr von Krebstieren wie Garnelen, Krebsen oder Hummern allergisch. Diese gehören wie Milben zum Stamm der Gliederfüßer und enthalten Proteine, die denen der Milben (Der p10) ähneln. Das bereits sensibilisierte Immunsystem stuft die Krebstier-Proteine als „gefährlich“ ein und löst eine allergische Reaktion aus. Solche Kreuzreaktionen sind auch beim Verzehr von Weichtieren wie Muscheln oder Schnecken möglich (mehr Informationen hier). Selten treten auch allergische Reaktionen auf Vorratsmilben auf. Diese Milbenart findet sich an feuchten Wänden in Speisekammern, im Heu von Ställen oder Kleintier-Käfigen.

Diagnoseverfahren

Ob es sich um eine Hausstaubmilbenallergie handelt, klärt der Arzt oder die Ärztin zunächst in einem Gespräch über die Beschwerden. Dabei wird unter anderem gefragt, an welchen Orten und zu welcher Tages- und Jahreszeit die Symptome auftreten, wie lange sie anhalten und ob allergische Erkrankungen in der Familie vorliegen. Nach einer körperlichen Untersuchung folgen Haut– und/oder Bluttests, um den Verdacht weiter abzusichern. Diese Tests zeigen eine Allergiebereitschaft für bestimmte Hausstaubmilbenallergene an, sie können jedoch keine Allergie beweisen. In unklaren Fällen kann deshalb ein Provokationstest nötig sein. Dabei werden kleine Mengen des verdächtigen Allergens unter ärztlicher Aufsicht auf die Nasenschleimhaut aufgebracht. Anschließend wird gemessen, wie sehr die Nase zu schwillt bzw. ob Niesen oder Tränen auftreten. Leiden Betroffene unter Atembeschwerden, ist ein sogenannter Lungenfunktionstest sinnvoll. Dabei misst der Arzt oder die Ärztin das Luftvolumen, das die Betroffenen ein- und ausatmen sowie die Geschwindigkeit mit der die Luft ausgeatmet wird. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf Veränderung an den Atemwegen zu.

Übrigens können auch Pflanzenpollen, Tierhaare oder Schimmelpilze Beschwerden machen, die denen einer Hausstaubmilbenallergie gleichen. Daher sollten Allergien gegen diese Stoffe ausgeschlossen werden.

Therapie

 

Die wichtigste Maßnahme ist, die Anzahl der Hausstaubmilben und damit den Allergenkontakt zu reduzieren.

  • Dazu sollte vor allem das Schlafzimmer trocken und kühl sein. Ideal ist eine Luftfeuchtigkeit von 45 – 55 Prozent (eventuell mit einem Hygrometer kontrollieren), die Raumtemperatur liegt am besten bei 18 Grad. Um die Luftfeuchtigkeit zu senken, empfiehlt es sich, mehrmals täglich kurz zu lüften und keine Pflanzen im Schlafzimmer aufzustellen (das reduziert auch die Schimmelpilzbelastung).
  • Die Matratze sollte ebenfalls gut belüftet sein (nicht auf dem Boden liegen, ein Bettgestell auf Füßen ist einem Bettkasten vorzuziehen) und mit einem Spezialbezug bezogen werden, der keine Milbenallergene durchlässt. Die Kosten für dieses sogenannte Encasing übernimmt bei ärztlicher Verordnung die Krankenkasse. Bei Doppelbetten benötigen beide Matratzen den Spezialbezug.
  • Das Bettzeug sollte nach dem Schlafen täglich gelüftet werden. Die (Baumwoll-)Bettwäsche wird am besten alle ein bis zwei Wochen bei 60 Grad gewaschen. Kissen und Bettdecken sollten bei der gleichen Temperatur alle drei Monate gewaschen werden. Wenn das Material dafür nicht geeignet ist, kann man auch das Bettzeug mit Encasings beziehen.
  • Ob Teppiche entfernt werden sollen, ist umstritten. Befindet sich unter dem (kurzflorigen) Teppich eine Fußbodenheizung, reduziert ihr Einsatz die Bodenfeuchtigkeit und damit die Milbenzahl. Teppiche binden zudem Staubpartikel, die auf glatten Böden leicht aufgewirbelt werden. Allerdings lassen sich die Milbenpartikel aus Teppichen durch normales Saugen kaum entfernen. Glatte Böden (Holz, Fließen, Linoleum) sind dann die bessere Wahl, wenn sie regelmäßig gesaugt und feucht gewischt werden.
  • Beim Staubsaugen erhöht sich die Milbenkonzentration in der Luft. Deshalb sollten eher Personen ohne Hausstaubmilbenallergie saugen oder die Betroffenen evtl. einen Mundschutz benützen. Zudem ist es ratsam, den Staubsauger mit einem sogenannten HEPA-Filter auszustatten. Diese Schwebstofffilter halten kleinste Partikel zurück. Sie nützen allerdings wenig, wenn der Staubsauger undicht ist und Staub durch Ritzen entweicht.
  • Empfehlenswert ist es außerdem, Textilien im Raum regelmäßig zu waschen (Vorhänge möglichst bei 60 Grad) und zu reduzieren (Keine Deko-Kissen, keine Polsterung des Bettrahmens, keine Polstermöbel sondern Mobiliar mit glatter Oberfläche wie Leder oder Holz). Stofftiere sollten am besten nicht mit ins Bett genommen oder alternativ regelmäßig bei 60 Grad gewaschen werden. Ist das nicht möglich, kann man sie auch 24 Stunden in die Tiefkühltruhe legen. Das tötet die Milben ab, die Allergene werden aber erst durch anschließendes Waschen (bei zulässiger Temperatur) entfernt.
  • Haustiere sollten nicht ins Schlafzimmer, da ihre Hautschuppen den Milben zusätzliche Nahrung liefern.

Als nichtmedikamentöse Maßnahme kommen regelmäßige Nasenspülungen in Frage. Einige Medikamente können die allergischen Beschwerden zudem vorübergehend lindern, haben aber keine heilende Wirkung. Hier kommen die gleichen Substanzen zum Einsatz wie bei der Therapie der Pollenallergie – vor allem neuere Antihistaminika und Cortison-Sprays (mehr Informationen hier).

Eine ursächliche Behandlungsform der Hausstaubmilbenallergie ist die (Allergen-) spezifische Immuntherapie (SIT). Sie kommt in Betracht, wenn die Maßnahmen zur Milbensanierung keinen Erfolg zeigen, die Symptome ausgeprägt sind und bereits mehr als zwei Jahre bestehen.

Die SIT soll das Immunsystem über einen längeren Zeitraum hinweg an die Hausstaubmilben-Allergene gewöhnen. Dabei wird den Betroffenen eine Allergenlösung in steigender Dosis einmal wöchentlich in das Fettgewebe unter die Haut gespritzt (subcutane Immuntherapie, kurz: SCIT). Nach etwa ein bis drei Monaten ist die Höchstdosis erreicht, anschließend erfolgt die Spritze nur noch einmal monatlich. Dabei ist gutes Durchhaltevermögen und Bereitschaft zur Mitarbeit gefragt, denn die Therapie muss etwa drei Jahre fortgesetzt werden. Eine Erfolgsgarantie, dass die Allergie danach „verschwunden“ ist besteht nicht. Studien zeigen aber, dass eine abgeschlossene SCIT die Beschwerden und den Medikamentenverbrauch längerfristig senken kann. Außerdem mindert die Behandlung das Risiko Asthma zu entwickeln. Insgesamt ist die Studienlage zur Wirksamkeit der SCIT bei einer Hausstaubmilbenallergie nicht so umfangreich wie jene zur Pollenallergie.

Die besten Erfolgsaussichten bestehen bei jungen Menschen, die nicht auf zu viele verschiedene Allergene reagieren.

Neben der SCIT gibt es auch die Möglichkeit die Allergene in Tropfenform zu sich zu nehmen. Die Präparate werden unter der Zunge gehalten (sublinguale Immuntherapie, kurz SLIT) und dann geschluckt. Die Behandlung kann zu Hause vorgenommen werden, dauert aber ebenfalls drei Jahre. Die Wirksamkeit bei Erwachsenen ist durch einzelne Studien belegt, allerdings ist die Datenlage widersprüchlicher als beispielsweise zur SLIT bei Gräserpollenallergie. Eine weitere, relativ neue Möglichkeit der sublingualen Immuntherapie bietet die SLIT-Tablette. Auch dieses Präparat wird eingenommen, indem es unter die Zunge gelegt wird. Die Leitlinie der allergologischen Fachgesellschaften empfiehlt eine dreijährige Behandlungsdauer.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: Juli 2016