Schimmelpilzallergie

Schimmelpilze sind allgegenwärtig: Ihre Sporen fliegen - je nach Jahreszeit und Witterung - zu Tausenden in der Außenluft. In Innenräumen finden sie sich in Kellern, im Hausmüll, Badezimmerfugen und Nahrungsmitteln. Für viele Menschen stellen die meisten dieser Pilze keine besondere Gefahr dar. Für Menschen mit Atemwegsallergien und Asthma sind sie jedoch häufig eine große gesundheitliche Belastung.

Verbreitung

Bis heute gibt es zur Verbreitung der Schimmelpilzallergie keine genauen Daten – weder weltweit noch in Deutschland. Dies liegt unter anderem daran, dass die verfügbaren Haut– und Bluttests, mit denen der Arzt eine Allergiebereitschaft auf Schimmelpilze feststellen kann, zum Teil widersprüchliche Ergebnisse liefern (für mehr Informationen siehe auch „Diagnoseverfahren“). Wissenschaftlich gesichert ist, dass Menschen, die bereits unter anderen Atemwegsallergien und insbesondere unter allergischem Asthma leiden, ein höheres Risiko haben, auf Schimmelpilze zu reagieren.

Auslöser

Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts stellte Sir Floyd einen Zusammenhang zwischen asthmatischen Beschwerden und Schimmelbildung fest – lange bevor es dem Begriff „Allergie“ überhaupt gab. Schimmelpilze sind fadenförmige Organismen, die zu ihrer Vermehrung Sporen ausscheiden. Sie gedeihen überall dort, wo es feucht und organisches Material vorhanden ist. Bislang wurden etwa 107 Allergene aus 43 verschiedenen Pilzarten identifiziert. Die vier Schimmelpilze, die am häufigsten mit allergischen Beschwerden in Verbindung gebracht werden, sind:

  • Alternaria
  • Cladosporium
  • Penicillium
  • Aspergillus

Kellerräume, feuchte Wände, Badezimmer, alte Polstermöbel, Teppichböden, Blumenerde, Müllbehälter, Duschvorhänge und Luftbefeuchter sind typische Orte, an denen Schimmelpilze entstehen. Regelmäßiges Lüften und Reinigen kann helfen, der Entstehung von Schimmelpilzen vorzubeugen. Leider ist Schimmel – anders als man zunächst vermuten könnte – nicht nur ein Problem alter Häuser. Durch die Niedrigenergiebauweise ist auch das Raumklima in Neubauten ein Risikofaktor für die Entstehung von Schimmelpilzen.

Einige Forscher gehen davon aus, dass der Klimawandel höhere Sporenkonzentration in der Luft begünstigt. Seit Jahren beobachten Experten einen steigenden Kohlenstoffdioxidgehalt (CO2) in der Luft, der zu den Ursachen der globalen Erderwärmung zählt. Bei Alternaria-Pilzen konnte in einer Studie gezeigt werden, dass sie in Umgebungen mit erhöhtem CO2-Gehalt mehr Sporen ausscheiden, die zudem auch noch allergener wirken als in Umgebungen mit niedrigeren CO2-Konzentrationen in der Luft.

Beschwerden

Die Beschwerden zeigen sich häufig an den Atemwegen: eine verstopfte, juckende Nase, Niesreiz, Husten und Atemnot können Symptome einer Schimmelpilzallergie sein. Häufig verschlechtert sich ein bereits bestehendes Asthma durch eine Schimmelpilzbelastung. Bei sensibilisierten Personen können darüber hinaus Neurodermitisschübe oder andere Hautausschläge ausgelöst werden. Seltener aber auch möglich sind Magen-Darm-Beschwerden nach dem Verzehr verdorbener oder mit Schimmelpilzkulturen angereicherter Nahrungsmittel (zum Beispiel Gorgonzola).

Schimmelpilzallergie im Kindesalter

Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass das Risiko für Kinder eine Schimmelallergie zu entwickeln steigt, wenn sie in einer feuchten und schimmelbelasteten Umgebung groß werden. Dies ist insbesondere bei Familien der Fall, bei denen eine Veranlagung zu allergischen Erkrankungen bereits gegeben ist. Nicht bekannt ist, ob eine konsequente Schimmelvermeidung in der frühen Kindheit das Risiko senken oder den Ausbruch gar verhindern kann. Auch wenn keine genauen Verbreitungszahlen vorliegen, gehen Experten davon aus, dass Kinder häufiger von Schimmelpilzallergien betroffen sind als Erwachsene. Für Alternaria-Pilze konnte eine Studie zeigen, dass die Antikörper im Blut in der frühen Kindheit ein Maximum erreichen, um dann im Lauf der Zeit wieder abzunehmen.

Diagnoseverfahren

Wie bei allen Allergien ist die Diagnose der Schimmelpilzallergie ein mehrstufiger Prozess. Zunächst wird der Arzt den Patienten nach seinen Lebensumständen und Symptomen befragen, um so mögliche Ursachen abzuleiten. Ein Verdacht auf Schimmelpilzallergie wird – je nach Beschwerden – mit einem Haut- oder Bluttest weiter abgesichert. Diese Tests zeigen eine Allergiebereitschaft für einen bestimmten Stoff an, sie können jedoch keine Allergie beweisen. Häufiger als bei anderen Allergien weichen die Ergebnisse von Haut- und Bluttests bei der Schimmelpilzdiagnose voneinander ab. Die Übereinstimmung der beiden Verfahren kann insgesamt betrachtet – je nach Pilzart – weniger als 30% betragen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. In Deutschland sind für etwa 30 – 40 Pilzspezies Lösungen zur Hauttestung erhältlich. Die Standardisierung – also die garantiert gleichbleibende Qualität der Testlösung – ist besonders bei Schimmelpilzen bis heute eine große Herausforderung. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in den Pilzen selbst, da sie stark mutieren und sich immer wieder an ihre Umgebung anpassen. Dabei verändern sie auch ihre Eiweißstrukturen, die für die Allergietestung ausschlaggebend sind.

Eine weitere Schwierigkeit bei der Diagnose der Schimmelpilzallergie besteht darin, dass die meisten Patienten, die auf Schimmelpilze reagieren, auch auf andere Stoffe in der Luft wie Pollen oder Milben allergisch sind. Die Symptome können sich so „hinter“ einer anderen Allergie „verstecken“.

Deshalb wird auch bei der Schimmelpilzallergie im Zweifelsfall ein weiteres Diagnoseverfahren herangezogen: Der Provokationstest. Dabei wird dem Patienten zum Beispiel auf die Nasenschleimhaut eine kleinste Menge des Allergens aufgetragen. Anschließend beobachtet der Arzt die Reaktion. So kann festgestellt werden, ob ein bestimmter Schimmelpilz tatsächlich Allergien auslöst oder ob er von der Liste der verdächtigen Stoffe gestrichen werden kann.

Therapie

Die effektivste Therapie der Schimmelpilzallergie ist die Allergenvermeidung (Fachbegriff: Karenz). Da es – je nach Pilzart – schwierig sein kann, dem Allergieauslöser vollständig aus dem Weg zu gehen, ist es wichtig, die Belastung so gut es geht zu verringern. Dazu zählt insbesondere eine schimmelarme Wohnumgebung. Das kann auch den Verzicht auf Zimmerpflanzen bedeuten.  Kann so keine Beschwerdefreiheit hergestellt werden, können die Allergiesymptome durch Medikamente gelindert werden. Eine nachgewiesen gut wirksame Immuntherapie zur Ursachenbekämpfung steht für die Schimmelpilzallergie bis zum heutigen Tag noch nicht zur Verfügung.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: Juli 2016

Weitere Informationen

Wiesmüller GA et al. Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP), 2016. Leitlinie gültig bis April 2021.