Allergie-Therapie

Das Wort "Allergie" wurde am 24. Juli 1904 erstmalig in einer Veröffentlichung von Clemens von Pirquet verwendet. Er schuf damit einen Begriff, mit dem man Krankheitsbilder verstehen konnte, die bis dato nicht einzuordnen waren. Auch wenn etwas mehr als 100 Jahre später noch viel Forschungsbedarf besteht, existieren heute vielfältige Möglichkeiten, um Allergien zu behandeln oder Symptome zu lindern.

Vermeidung von Allergenen und Klimatherapie

Die Vermeidung von Allergenen ist ein wichtiges Element der Allergie-Therapie (Fachbegriff: Karenz). Dabei vermeiden Betroffene den Kontakt mit dem allergieauslösenden Stoff. Je nach Erkrankung müssen dabei unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden. Hier einige Beispiele:

  • Bei einer Hausstaubmilbenallergie zum Beispiel werden Encasings eingesetzt (spezielle Bettwaren- und Matratzenbezüge), die den Milbenkontakt im Bett reduzieren. Auch die Schaffung eines milbenfeindlichen Raumklimas (unter 25°C und geringe Luftfeuchtigkeit) hilft bei der Allergenkarenz.
  • Bei einer diagnostizierten Nahrungsmittelallergie wird mit einer Ernährungsfachkraft ein Speiseplan zur Meidung des Allergens erarbeitet.
  • Bei einer Schimmelpilzallergie müssen gute Wohnbedingungen geschaffen werden, um die Entstehung von Schimmelpilzen zu vermeiden.
  • Bei einer Allergie gegen Tierallergene wie Katzen oder Hunde sollte auf die Haltung eines Tiers im Haushalt verzichtet werden.

Je nach Allergie kann es sehr schwer sein, den Allergenen aus dem Weg zu gehen. Bei einer Birkenpollenallergie, zum Beispiel, lässt sich der Pollenkontakt im Frühjahr in Deutschland kaum vermeiden. Auch die vollständige Vermeidung von Hausstaubmilben erweist sich in der Praxis als nahezu unmöglich, da Milben nicht nur in den eigenen vier Wänden leben, sondern auch im Kino, in U-Bahnsitzen und im Teppichboden der Freundin. Durch die Niedrigenergiebauweise finden Milben besonders in Neubauten ein ideales Raumklima vor.

Je nach Schwere der Symptome kann es deshalb sinnvoll sein, dass Patienten in milbenfreien Klimazonen, zum Beispiel in den Alpen, eine Kur zur Verbesserung der Lungenfunktion und der asthmatischen Symptome machen. Auch bei der Pollenallergie können während des Pollenflugs pollenarme Gegenden besucht werden (im Fall der Birke zum Beispiel Südeuropa).

Allergieimpfung

Bei der so genannten Allergieimpfung (Fachbegriff: Spezifische Immuntherapie, Hyposensibilisierung früher auch Desensibilisierung) ist es das Ziel, das Immunsystem so zu beeinflussen, dass es sich an den Kontakt mit dem Allergen dauerhaft gewöhnt und die Symptome ausbleiben. Über einen längeren Zeitraum bekommen die Patienten immer wieder das Allergen verabreicht, das ihre Beschwerden verursacht. Dabei wird die Dosis immer weiter erhöht. Wenn die angestrebte Enddosis erreicht ist, wird die Therapie noch für weitere Wochen oder Monate fortgesetzt. Durch die regelmäßige Begegnung mit dem Allergen soll der Körper lernen, dass es keine Gefahr darstellt. Die spezifische Immuntherapie gilt als Mittel der Wahl, um bestimmte Allergien zu therapieren, erfordert aber von den Patienten Geduld und Durchhaltevermögen.

Etwa 70% der Patienten sind nach Abschluss der Immuntherapie oft dauerhaft oder für eine längere Zeit beschwerdefrei oder benötigen zumindest deutlich weniger Allergiemedikamente. Die Allergieimpfung kommt bei allergischem Schnupfen und allergischem Asthma zum Einsatz und gilt als besonders wirksam, wenn sie in einem frühen Krankheitsstadium angewandt wird. Sie kann bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt werden. Für Insektengiftallergien (Wespe, Biene) liegt die Erfolgsrate noch deutlich höher. Für andere allergische Erkrankungen wie Nahrungsmittelallergien ist diese Therapiemöglichkeit außerhalb von klinischen Studien (noch) nicht verfügbar. Es gibt zwei unterschiedliche Formen der spezifischen Immuntherapie.

  • Bei der subkutanen Immuntherapie (SIT) erhält der Patient das Allergen in Form von Spritzen ins Unterhautfettgewebe.  Die SIT kann nur von einem Arzt durchgeführt werden.
  • Bei der sublingualen Therapie (SLIT) wird den Patienten das Allergen in Form von Tropfen oder schnell löslichen Tabletten unter die Zunge gelegt. Anders als bei der SIT muss die Einnahme täglich erfolgen. Allerdings kann sie nach ärztlicher Einweisung auch vom Patienten alleine durchgeführt werden, weshalb bei der SLIT insgesamt weniger Arzttermine notwendig sind.

Über viele Jahre war die Herstellung und Zulassung der Impfstoffe weitestgehend ungeregelt. Im Jahr 2008 erließ das Bundesministerium für Gesundheit neue Vorschriften für die Zulassung von Allergenpräparaten (die so genannte Therapieallergene-Verodnung TAV). Nach entsprechenden Übergangsfristen (voraussichtlich 2023 / 2024) wird für die wichtigsten Allergenquellen die behördliche Zulassung verpflichtend. Bereits heute haben viele gängige Produkte Prüfungen zur Wirksamkeit und zu den enthaltenen Inhaltsstoffen erfolgreich durchlaufen.

Antientzündliche Therapie mit Medikamenten

Wenn das Meiden des Allergens nicht möglich ist, helfen bestimmte Medikamente,die Symptome einer Allergie zu lindern. So genannte 2468136-TablettenVertikalBuntAntihistaminika unterdrücken die allergische Reaktion, in dem sie die Wirkung des Botenstoffs Histamin blockieren. Viele gängige Präparate wirken innerhalb kurzer Zeit und sind in der Apotheke rezeptfrei erhältlich. Kortisonhaltige Medikamente sind häufig verschreibungspflichtig und kommen dann zum Einsatz, wenn Antihistaminika nicht die gewünschte Linderung erzielen. Sie haben eine entzündungshemmende Wirkung und werden zum Beispiel bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis in Form von Cremes, beim allergischen Schnupfen als Nasenspray oder beim allergischen Asthma bronchiale als Spray zum Einatmen verabreicht. Da das Kortison direkt am Beschwerdeort zum Einsatz kommt, ist oft eine niedrige Dosierung möglich. Sogenannte topische Immunmodulatoren sind eine weitere Möglichkeit bei der Behandlung der Neurodermitis. Sie werden in Form von Cremes aufgetragen, beeinflussen die lokale Immunantwort der Haut und können so Beschwerden bei Neurodermitis lindern.

Akkuttherapie der Anaphylaxie

Die Anaphylaxie ist die schwerste aller allergischen Reaktionen. In der Regel betrifft sie mehr als ein Körpersystem gleichzeitig (zum Beispiel Haut UND Atmung). Sie tritt plötzlich auf und entwickelt sich schnell. Der anaphylaktische Schock stellt eine lebensbedrohliche Situation dar, da er mit Organ- und Kreislaufversagen einhergeht. Im Fall eines anaphylaktischen Notfalls muss schnell gehandelt werden. Jeder Betroffene muss ein Set mit Notfallmedikamenten bei sich führen, die bei einer Reaktion so schnell wie möglich zum Einsatz kommen. In diesem Set enthalten sind:

  • Adrenalin-Auto-Injektor, stabilisiert den Kreislauf
  • Antihistaminikum (flüssig oder in Tablettenform), bekämpft die allergische Reaktion
  • Ein Kortisonpräparat, bekämpft entzündliche Reaktionen
  • Asthmaspray, normalisiert die Atmung

Das wichtigste und meist lebensrettende Utensil des Sets ist der Auto-Injektor, da das enthaltene Adrenalin den Kreislauf sehr schnell stabilisiert und die Herzfunktion normalisiert.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: Juli 2016

Weitere Informationen

PatientInneninformation zur sublingualen Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI), 2014.

PatientInneninformation zur subcutanen Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI), 2014.

Pfaar O et al. Leitlinie zur (allergen-) spezifischen Immuntherapie IgE-vermittelter allergischer Erkrankungen. Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI), 2014. Leitlinie gültig bis Oktober 2019.