Nussallergie

Nicht alles, was im Alltag als Nuss bezeichnet wird, ist auch im botanischen Sinn eine Nuss. Die Erdnuss zum Beispiel ist eine Hülsenfrucht und wird botanisch von den „echten“ Nüssen abgegrenzt.

Eine Nussallergie im engeren Sinn ist eine Allergie gegen sogenannte Nussfrüchte, die an Bäumen wachsen. Dazu zählen unter anderem Haselnüsse, Walnüsse, Macadamianüsse und Kastanien. Häufig werden aber auch nussähnliche Samen oder die Kerne von Stein- und Kapselfrüchten zu den möglichen Auslösern für die Nussallergie gezählt. Beispiele hierfür sind Pistazien, Pekannüsse, Mandeln, Cashewnüsse, Paranüsse und Pinienkerne. Im Handel werden essbare Nüsse und Kerne oft unter der Sammelbezeichnung Schalenfrüchte zusammengefasst.

Mehr Informationen zur Erdnussallergie finden Sie hier.

Verbreitung

Die Verbreitung der einzelnen Nussallergien unterscheidet sich stark regional. In Europa reagieren bei den Baumnüssen die meisten Menschen auf Haselnüsse allergisch, während in den U.S.A. bei den Baumnüssen besonders Walnüsse und Cashewnüsse allergische Reaktionen hervorrufen. International führen Mandeln, Paranüsse, Cashewnüsse, Haselnüsse, Macadamianüsse, Pekannüsse, Pistazien und Walnüsse am häufigsten zu allergischen Reaktionen.

In wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass etwa 1,4 % der europäischen Bevölkerung unter einer Nussallergie leiden. Im Gegensatz dazu stehen Ergebnisse von Studien, bei denen die Studienteilnehmer nicht nach medizinischen Kriterien untersucht, sondern bezüglich ihrer Allergie befragt wurden. Nach eigener Einschätzung sind bis zu 11,7 % der europäischen Bevölkerung von einer Nussallergie betroffen.

Auslöser

Da es viele verschiedene Nüsse gibt, auf die Menschen allergisch reagieren können, existieren auch viele unterschiedliche Nussallergene. Jede Nussart verfügt über ihre eigenen, typischen Eiweiße (Proteine).

Bei der primären Nahrungsmittelallergie reagieren die Betroffenen unmittelbar auf bestimmte Proteine (Eiweißverbindungen) in der Nuss allergisch – meist handelt es sich dabei um sogenannte Speicherproteine. Die Speicherproteine sind für das Wachstum der Pflanze wichtig und so stabil, dass sie durch Erhitzen oder Magensäure nicht angegriffen werden. Die primäre Nahrungsmittelallergie kommt am ehesten im Kindesalter vor.

Oft ähneln allergieauslösenden Proteine einer Nussart den Eiweißstrukturen anderer Nüsse. Kommt das Immunsystem einer Person, die gegen bestimmte Nusseiweiße allergisch ist, mit anderen Nussproteinen in Berührung, kann es sein, dass aufgrund der Ähnlichkeit auch diese Nüsse eine Abwehrreaktion auslösen.

Nüsse oder Spuren von Nüssen können in vielen verschiedenen Lebensmitteln enthalten sein. Dazu gehören unter anderem Brot, Brötchen, Kuchen, Torten, Eiscreme, Kekse, Kräcker, Salzgebäck, Fertigbackmischungen, Müsli, Müsliriegel, Brotaufstriche und Süßigkeiten, aber auch Fertiggerichte wie Kartoffelgratin oder Kroketten, Käsezubereitungen, zubereitetes Hackfleisch in Form von Frikadellen oder Hamburgern und panierter Fisch.

Nach europäischem Lebensmittelrecht müssen alle Lebensmittel, die Schalenfrüchte wie Mandeln, Haselnüsse oder Walnüsse enthalten, gekennzeichnet werden. Auch bei loser Ware sind solche Informationen verpflichtend. Produkte, die keine Nüsse enthalten, können trotzdem Spuren aufweisen, wenn im Herstellungsbetrieb Nüsse verarbeitet werden. Das zuverlässig zu erkennen, ist nicht immer möglich, da der Warnhinweis „Kann Spuren von Nüssen enthalten“ für die Hersteller freiwillig ist. Mehr Sicherheit erlangen Betroffene mit einer schweren Allergie, wenn sie bei den Herstellern direkt nachfragen.

Beschwerden

Die Symptome einer Nussallergie treten in der Regel binnen weniger Minuten nach dem Verzehr auf. Bei einigen Menschen können bereits sehr geringe Mengen eines Nussallergens oder der bloße Hautkontakt allergische Beschwerden auslösen. Die Symptome können dabei unter anderem die Atmung, die Haut und die Schleimhäute, die Augen, den Verdauungstrakt oder das Herz-Kreislauf-System betreffen und im schwersten Fall eine schwere anaphylaktische Reaktion auslösen. Die Symptome von Nussallergien ähneln denen der Erdnussallergie.

Nussallergie im Kindes- und Erwachsenenalter

Nussallergien können sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen vorkommen. Im Gegensatz zu anderen Nahrungsmittelallergien wie der Milch- oder Hühnerei-Allergie heilen diese jedoch fast nie spontan aus. Deshalb werden aus Kindern mit einer Nussallergie fast immer auch Erwachsene mit einer Nussallergie.

Tritt eine Nussallergie erst im Erwachsenenalter auf, so handelt es sich meist um eine sekundäre Allergie. Dabei sind die Betroffenen ursprünglich gegen Birkenpollen allergisch. Da einige Eiweiße der Birkenpollen im Aufbau bestimmten Nuss-Eiweißen ähneln, kann durch diese sogenannte Kreuzreaktion auch eine Allergie gegen Nüsse entstehen. Meist verläuft eine sekundäre Allergie milder und die Reaktionen sind auf den Mund-Rachen-Raum beschränkt.

Diagnoseverfahren

Besteht der Verdacht auf eine Allergie, fragt der Arzt/die Ärztin im Gespräch nach Nahrungsgewohnheiten und Beschwerden und analysiert diese auf mögliche Zusammenhänge (Fachbegriff: Anamnese). Bei Nahrungsmittelallergien können positive Blutuntersuchungen oder sogenannte Prick-Tests weiteren Aufschluss über den Auslöser geben (mehr Informationen hier). Jedoch sollte man bedenken: Die Allergietests können zwar das Risiko einer Allergie vorhersagen, nicht aber die Schwere der zukünftigen Reaktionen.

Manchmal lassen sich durch das Gespräch und die Labortests nicht alle Unsicherheiten aus dem Weg räumen. Um sicher herauszufinden, ob ein Mensch gegen eine bestimmte Nuss allergisch ist, kommt dann der sogenannte orale Provokationstest als zuverlässigste Methode zum Einsatz. Da die Durchführung mit einem Risiko für schwere Reaktionen verbunden ist, kann ein solcher Provokationstest nur unter strenger ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Oft ist er sogar mit einem stationären Krankenhausaufenthalt verbunden.

Therapie

Das Vermeiden des Allergens (Fachbegriff: Karenz) ist nach wie vor die am meisten empfohlene Behandlung für Menschen mit einer Nussallergie. Was sich leicht anhört, kann im Alltag sehr schwierig sein. Besonders für vegetarisch oder vegan lebende Menschen oder Personen, die aus religiösen Gründen eine spezielle Ernährung bevorzugen, stellen Nüsse und Samen eine wichtige Eiweißquelle dar. Deshalb sollte eine Ernährungsumstellung unbedingt von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft begleitet werden und nicht ohne ärztliche Diagnosestellung durchgeführt werden.

Bei Menschen mit einem Risiko für schwere allergische Reaktionen ist es wichtig, die Patienten und bei Kindern auch die Eltern und Betreuungspersonen in Bezug auf Hochrisikosituationen zu schulen, damit die Symptome von Außenstehenden rechtzeitig erkannt werden können. Personen mit einer Nussallergie sollten nicht nur Lebensmittel vermeiden, die Nüsse als Zutat enthalten, sondern müssen auch bei vorverpackten Lebensmitteln vorsichtig sein, die mit Nüssen bzw. Spuren davon verunreinigt (Fachbegriff: kontaminiert) sein könnten.

Menschen, die gefährdet sind, anaphylaktische Schockreaktionen zu erleiden, sollten immer ein Notfallset bei sich führen. Dieses enthält einen Adrenalinautoinjektor, ein Kortikosteroid (flüssig oder in Tablettenform) und ein Antihistaminikum (flüssig oder in Tablettenform). Nach Auftreten der Symptome sollte die mit dem Arzt/der Ärztin besprochene Dosis unverzüglich verabreicht werden.

Während erste experimentelle Studien zeigten, dass bei Erdnussallergien eine orale Immuntherapie zur Hyposensibilisierung in der Zukunft möglich werden könnte, gibt es diese Hinweise bei Allergien gegen Baumnüsse bislang nicht.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. T. Zuberbier
Letzte Änderung: Juli 2016