21. April 2021
Juckreiz nach Kontakt: Die häufigsten Auslöser

Beim allergischen Kontaktekzem kommt es nach Hautkontakt mit bestimmten Metallen, Duft- oder Konservierungsstoffen zeitlich verzögert zu heftigem Juckreiz, Schwellungen und Rötungen. Bei bestimmten Berufen ist die Kontaktallergie besonders verbreitet.

Der Ohrring oder die Kette rufen unerträglichen Juckreiz hervor und führen zu Quaddeln auf der Haut? Das könnte eine Nickelallergie sein. Nach dem Fliesenlegen bilden sich hässliche Bläschen an ungeschützten Hautstellen? Sie könnten durch Epoxidharze ausgelöst worden sein.

 

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat sich jetzt angeschaut, welche Substanzen bei Menschen am häufigsten zu Kontaktallergien führen. Dafür wertete sie unter anderen Daten des Informationsverbunds Dermatologischer Kliniken (IVDK) aus den Jahren 2007-2016 aus.

Nickel bleibt auf Platz 1

Am weitesten ist nach wie vor die Nickelallergie verbreitet. Das liegt auch daran, dass Nickel sehr häufig in Modeschmuck verarbeitet wird. Dabei wurde die Verwendung von Nickel in Europa schon gesetzlich beschränkt, so dass insgesamt weniger Nickelreaktionen auftreten. Zu den häufigen metallischen Allergenen zählen auch Kobalt und Chrom.

 

Zu einer starken Zunahme der Kontaktallergien in ganz Europa hat das Konservierungsmittel Methylisothiazolinon (MI) geführt – Expert:innen sprachen sogar von einer „Epidemie“. Kosmetika wurden häufig mit dieser Substanz versetzt, um sie haltbarer zu machen. Das Mittel wirkt gegen Pilze und Bakterien. 2016 hat die EU dann MI aus kosmetischen Produkten verbannt, die auf der Haut bleiben (so genannte Leave-on-Produkte wie Cremes oder Lippenpflegemittel). In Produkten, die sich auswaschen lassen, ist MI aber immer noch erlaubt, also beispielsweise in Shampoos. Auch Haushaltsreinigern wird MI zugesetzt.

 

Im beruflichen Umfeld treten Kontaktallergien gegen Metalle und Konservierungsmittel, beispielsweise in Gummiprodukten, sowie Epoxidharze häufiger auf als im privaten Umfeld.
Im Privaten überwiegen Hautreaktionen auf Duftstoffe: 1-2 % sind gegen Duftstoffe sensibilisiert, also auch bei zurückhaltender Berechnung mindestens eine Million Menschen in Deutschland.

Top 10 der Kontaktallergene 2007-2016

AllergenProzent*

Kommentar
Nickelsulfat14,7%Hauptgrund für die Kontaktallergie ist Schmuck.
Duftstoff-Mix I8,6%Der Duftstoff-Mix I enthält Eichenmoos (Evernia prunustra), Isoeugenol, Zimtaldehyd (Cinnamal),Hydroxycitronellal, Zimtalkohol (Cinnamicalcohol), Eugenol, Geraniol und alpha-Amylzimtaldehyd (Amyl Cinnamal).
Perubalsam7,8%In Perubalsam sind mehr als 200 Einzelstoffe –mindestens 20 davon können Allergien auslösen.
Kobaltchlorid5,1%Kobalt kommt häufig als Verunreinigung in nickelhaltigem Schmuck vor. Die Nickel- und die Kobalt-Allergie treten daher häufig gemeinsam auf.
Duftstoffmix II5,1%Der Duftstoff-Mix II enthält HICC, Farnesol, Citral, Coumarin, alpha-Hexylzimtaldehyd.MCI: Chlormethylisothiazolinon; MI: Methylisothiazolinon; HICC: Hydoxyisohexlylcyclohexencarboxaldehyd (Duftstoff Lyral®)
Kolophonium3,9%Kolophonium dient zum Beispiel als Flussmittel beim Löten in der Elektronik-Fertigung.
Kaliumdichromat3,9%Kaliumdichromat war früher das häufigste Kontaktallergen in Zement. Kaliumdichromat kommt in sehr vielen Lederprodukten vor.
Methylchloroisothiazolinon/Me-thylisothiazolinon (MCI/MI)3,8%MCI/MI ist ein vorgefertigter Konservierungsmittel-Mix. In Kosmetika dürfen maximal 15 parts per million (ppm) vorkommen.
Methylisothiazolinon (MI)4,8%Siehe im Text oben. MI kommt außerdem in Wandfarbe vor – als über die Luft transportiertes Kontaktallergen kann MI so zu Kontaktekzemen führen.
Propolis3,2%Propolis ist von Bienen hergestelltes Harz. Das Gemisch besteht aus vielen verschiedenen Stoffen. Die Zusammensetzung kann stark variieren. Propolis ist unter anderem in Pflegeprodukten für Haut und Haaren. Es wird auch als Salbe gegen rheumatische Beschwerden benutzt.

*Der Prozentsatz bezieht sich auf die Zahl der Getesteten.

Häufig betroffene Berufsgruppen

Die Wahrscheinlichkeit, als Büroangestellte:r eine Kontaktallergie zu bekommen, ist sehr gering: Unter 100.000 Büroangestellten findet sich schlimmstenfalls eine:r, die oder der berufsbedingt unter einem Ekzem leidet. Friseur:innen sind hingegen hundertmal häufiger betroffen.

 

Die Daten zeigen außerdem: Am häufigsten leiden Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens unter Hauterkrankungen aufgrund von Kontaktallergien. Unter ihnen sind 12 von 100 betroffen. Auch bei den Mechaniker:innen leiden 11% unter einer Kontaktallergie. Drei bis sechs von 100 Friseur:innen, Reinigungskräften, Alterpfleger:innen, Metallarbeiter:innen, Köch:innen und Bauarbeiter:innen haben ebenfalls mit Ekzemen zu kämpfen.
Alle, die im Beruf mit möglichen Kontakt-Allergenen in Berührung kommen, zeigen auch häufiger allergische Reaktionen.

 

Ziel und Hintergrund

Das Ziel dieser Übersicht: Kontakt-Allergene vor allem im beruflichen Umfeld erkennen und künftig – auch durch gesetzliche Maßnahmen – vermeiden. Ausgewertet wurden Daten von fast 20.000 Patient:innen mit einer beruflich bedingten Kontaktallergie. Demgegenüber standen fast 90.000 PatientInnen ohne berufsbezogene Kontaktallergie. Dabei fand die Bundesanstalt Reaktionen auf 420 verschiedene Stoffe. Die 30 häufigsten davon schaute sie sich genauer an.

 

Quellen

Europäische Union. VERORDNUNG (EU) 2016/1198 der KOMMISSION vom 22. Juli 2016 zu Methylisothiazolinon in Leave-on-Produkten.

Geier J., Schubert S.

Frequency of skin sensitization to specific substances and in specific occupational groups.

  1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2021

    Direkter Download des Reports

Fuchs T, Diepgen TL.  Kontaktekzem.
in: Klimek L, Vogelberg C, Werfel T. Weißbuch Allergie in Deutschland. 4. Auflage
Springer Medizin Verlag 2019. Kapitel. S. 168 ff.

Schnuch A et al. The methylisothiazolinone epidemic goes along with changing patients‘ characteristics – After cosmetics, industrial applications are the focus.
Contact Dermatitis 2019; 82(2):87-93