30. März 2021
Mehr schwere Kuhmilchallergien in Großbritannien

Die Zahl der Todesfälle durch eine schwere allergische Reaktion hat sich in den letzten 20 Jahren in Großbritannien halbiert. Mit einer Ausnahme: Kuhmilchallergien bei Kindern.

Worum ging es in der Studie?

Das Forschungsteam wollte wissen, ob die Krankenhausaufenthalte durch eine schwere Nahrungsmittelallergie (Anaphylaxie ) zwischen 1998 und 2018 mehr geworden sind.
Die Daten dazu stammen aus Großbritannien. Dort gibt es ein Register, das Daten zu allen Todesfällen durch Anaphylaxien sammelt.

Nahrungsmittelallergien sind ein großes Thema in der Öffentlichkeit und in den Medien, schreiben die Forscher:innen. Allerdings würden oft Einzelfälle dargestellt. Außerdem werden Daten nicht immer wissenschaftlich sauber erklärt.
Das Team wollte eine wissenschaftlich genaue Aussage treffen.

Was ist neu?

• Krankenhausbehandlungen wegen einer schweren Nahrungsmittelallergie haben in Großbritannien in den letzten 20 Jahren tatsächlich deutlich zugenommen.
• Zwischen 1998 und 2018 waren fast 102.000 Personen wegen einer Anaphylaxie im Krankenhaus, 30.700 davon wegen einer Nahrungsmittelallergie (30,1%).
• Jedes Jahr kamen mehr Menschen wegen einer Nahrungsmittelallergie ins Krankenhaus: 1998 waren es noch 1,23 Personen pro 100.000 Einwohner pro Jahr, 2018 schon 4,04 pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Jedes Jahr ist die Rate also um 5,7% gestiegen.
• Aber: Die – ohnehin seltenen – Todesfälle durch Nahrungsmittelallergien sind deutlich zurückgegangen: von 0,7 auf 0,19%.
• Zwischen 1998 und 2018 starben 66 Kinder im Schulalter an einer Anaphylaxie.
Der häufigste Auslöser war Kuhmilch – die Milch war bei 17 dieser Kinder (26%) die Allergieursache.

Warum ist das wichtig?

In Großbritannien werden zwar immer mehr Menschen mit einer Anaphylaxie durch Nahrungsmittel ins Krankenhaus aufgenommen, aber immer weniger sterben daran.
Ein Grund könnte sein, dass immer mehr Menschen einen Autoinjektor bei sich tragen – die Zahl der Verschreibungen für Autoinjektoren hat sich immerhin mehr als verdreifacht.

Wichtig ist die Studie vor allem für Kinder, bei denen die Kuhmilchallergie nicht nach dem Kleinkindalter verschwindet. Auch wenn die Todesfälle insgesamt selten sind: Bei Schulkindern mit einer Kuhmilchallergie waren sie im Vergleich am häufigsten.

Wie haben die ForscherInnen das herausgefunden?

Britische Forscher:innen haben Daten des UK Fatal Anaphylaxis Registry ausgewertet. In dieser Datenbank werden seit seiner Gründung 1992 alle Todesfälle durch Anaphylaxien registriert.
Dass jemand durch eine schwere allergische Reaktion auf Lebensmittel stirbt ist sehr selten: Seit 1992 sind in Großbritannien nur 187 solcher Todesfälle vorgekommen. Fast die Hälfte der Todesfälle (86 von 187 insgesamt) war auf Erdnüsse oder Baumnüsse wie Mandeln, Cashews oder Walnüsse zurückzuführen.

Was passiert jetzt?

Das Forschungsteam fordert mehr Aufklärung darüber, dass Kuhmilch bei darauf allergischen Kindern schwerste Folgen haben kann. Die Aufklärung ist bei den Kindern und deren Familien nötig – aber mindestens genauso bei den Nahrungsmittelherstellern.

Die Wissenschaftler:innen fordern außerdem mehr Studien, um herauszufinden, welche Kinder das größte Risiko haben. Die Aufgabe ist dann, diese Kinder schnell zu erkennen und ihr Risiko für schwerste Reaktionen zu senken.

Originalstudie

Baseggio Conrado A et al.: Food anaphylaxis in the United Kingdom: analysis of national data, 1998-2018. BMJ 2021;372:n251

Weitere Quellen

BMJ Media Relations. UK hospital admissions for food-induced anaphylaxis triple over 20 year period but death rate falls. Pressemitteilung des British Medical Journals vom 17.02.2021. Letzter Download am 10.03.2021