Berlin, 29. August 2023 – Fast niemand kommt ganz ohne einen Insektenstich durch die Sommerzeit. Kommt einem aber eine Wespe zu nahe, bricht schnell leichte Panik aus: Gestochen werden möchte niemand. In der Regel fliegen Insekten lieber einen Bogen um den Menschen. Diese Vermeidungsstrategie funktioniert aber nur bedingt. Hektische Bewegungen oder die Insekten mit lauter Stimme zu vertreiben, bewirken oft das Gegenteil. Die Tiere fühlen sich angegriffen und stechen zu. Über den Stachel spritzen sie Gift in den vermeintlichen Feind, um ihn zu vertreiben. Gerade Wespen halten dabei sogar noch einen Teil ihres Giftes zurück, um erneut zustechen zu können. Wer also auf ein Insektengift allergisch reagiert, sollte besser darauf vorbereitet sein.
Wespenstich – ab wann wird es ernst
Immer wieder kommt es für Menschen mit einer Wespengiftallergie zu lebensbedrohlichen Situationen. Typische Anzeichen für eine allergische Reaktion nach einem Stich sind, schmerzhafte Schwellungen, Juckreiz, aber auch Rötungen und Quaddeln, die sich über den ganzen Körper ausbreiten können. Bei Menschen mit Allergien aktivieren die im Wespengift enthaltenen Eiweiße zusätzlich das Immunsystem. Es kann dadurch zu Symptomen wie Atemnot, Übelkeit, Herzrasen und Schwindel kommen. Im schlimmsten Fall droht der anaphylaktische Schock, eine den ganzen Körper umfassende Akutreaktion des Immunsystems, bis hin zu einem Herz-Kreislauf-Versagen.
Bis heute wurde zwölf Bienengiftallergene, sechs Wespengiftallergene und je zwei Hummel- und Hornissengiftallergene identifiziert. Risikofaktoren für schwere Insektengiftreaktionen sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, allergisches Asthma aber auch eine schwere allergische Reaktion auf einen Insektenstich in der Vergangenheit.
Schnelles Handeln ist entscheidend
Schwellen die Atemwege an oder kommt es zu Reaktionen des Herz-Kreislauf-Systems, ist eine schnelle Erste Hilfe lebensrettend. Unabdingbar ist in solchen Fällen der Zugang zu einem Notfallset, das flüssiges Antihistaminikum und Kortison, die geschluckt werden müssen enthält, sowie eine Adrenalin-Fertigspritze (Autoinjektor), die in einen Oberschenkel injiziert werden muss.
„Im Falle eines drohenden anaphylaktischen Schocks ist eine schnelle Reaktion unbedingt notwendig“, so Professor Torsten Zuberbier, Vorsitzender der Stiftung ECARF. „Adrenalin-Injektoren sind einfach zu verabreichen und stabilisieren rasch Kreislauf und Blutdruck. Auch Laien oder die Betroffenen selbst können sie problemlos anwenden. Leider sind solche Injektoren nicht immer verfügbar, außer wenn Betroffene ein Notfallset mit sich führen. Das muss sich ändern!“
Adrenalin – Notfallbox für alle
Dank der Initiative kardiologischer Verbände sind im öffentlichen Raum flächendeckend Defibrillatoren zu finden, die im Falle eines Herz-Kreislauf-Versagens lebensrettend sein können. ECARF verfolgt das Ziel, die Aufklärung über die tödlichen Gefahren von Insektengiftallergien nicht nur weiter verstärken, sondern auch bundesweit für die verbesserte medizinische Versorgung von Anaphylaxie gefährdeten Menschen einzustehen.
Mit der Entwicklung und dem Bau einer sogenannten „Adrenalin-Notfallbox“, in der sich ein Adrenalin-Injektor inklusive Notfallbeschreibung befindet, wird momentan an einer Lösung gearbeitet, die zukünftig den Einsatz – und damit eine lebensrettende Erste Hilfe – an öffentlichen Plätzen, wie beispielsweise Flughäfen, Sportplätze oder Kantinen ermöglichen kann. In Kooperation mit kardiologischen Gesellschaften ist ein Konzept in Arbeit, das die Wartung der Defibrillatoren parallel mit der Überprüfung der Adrenalin-Autoinjektoren möglich machen wird.
„Die hohe Verfügbarkeit von Frühdefibrillatoren im öffentlichen Raum und ihre Anwendung bei Notfällen hat sich etabliert“, so Torsten Zuberbier. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn in Zukunft für eine lebensrettende Erste-Hilfe auch Adrenalin-Injektoren auf diese Art und Weise zugänglich gemacht würden. Nur so kann im Notfall der anaphylaktische Schock vermieden und Menschenleben gerettet werden.“
WEITERE INFORMATIONEN
Zuberbier T. Insektengiftallergie ECARF Website
Klimek L. et al Weißbuch Allergie in Deutschland. 4. überarbeitete und erweiterte Ausgabe, Springer Verlag 2019
Naturschutzbund Deutschland So gehen Sie mit Wespen richtig um
Worm M. et al. Triggers and Treatment of Anaphylaxis – An Analysis of 4000 Cases From Germany, Austria and Switzerland. Dtsch Arztebl Int. 2014;111(21):367-75.
Schäfer T. Epidemiologie der Insektengiftallergie. Allergo J 2009;18:353-8.
Aktionsplan für die weltweite Verfügbarkeit von Adrenalin- Autoinjektoren
Nationale Strategien zur Verfügbarkeit von Adrenalin -Autoinjektoren in öffentlichen Einrichtungen (Schulen, Kindergärten, öffentlichen Verkehrsmittel, Parks usw.) gibt es nur in wenigen Ländern (16 %). Hier geht es zur entsprechenden Aussage der World Allergy Organization .
Die Expertengruppe von EAACI und Ga2len hat eine kooperative Partnerschaft zwischen Ärzten, Gemeinde- und Schulkrankenschwestern, Schulpersonal, Eltern und Kindern gefordert, um den Schutz allergischer Schulkinder zu gewährleisten. Sie empfehlen, dass Lehrkräfte darin geschult werden, Anzeichen von Anaphylaxie zu erkennen und eine Adrenalin-Autoinjektoren zu verwenden, die in allen Schulen zur Verfügung stehen sollte.
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Hintergrundinformationen
Über ECARF
Die gemeinnützige Stiftung ECARF engagiert sich für eine bessere medizinische Versorgung für Menschen mit Allergien. Ziel ist es, durch kontinuierliche Forschung und umfassende Aufklärung maßgeblich dazu beizutragen, das Leben für Menschen mit Allergien beschwerdefreier zu machen. Sie zertifiziert seit 2006 auf Basis wissenschaftlicher Qualitätskriterien Produkte und Serviceleistungen mit dem ECARF-Qualitätssiegel, dem einzigen europaweit gültigen Zertifikat für allergikerfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Zudem unterstützt ECARF auf europäischer Ebene gezielt die allergologische Forschung sowie Initiativen zur Verbesserung der medizinischen Behandlung allergischer Erkrankungen.