30. Juli 2019
Allergiegefahr beim Badeurlaub

Ein Urlaub am Meer kann Beschwerden einer Allergie lindern. Doch das ist nicht immer der Fall. Das Reizklima hält nicht alle Allergene fern. Auch der Sprung in die kühle See kann Folgen haben.

Eine häufige Reise-Empfehlung bei Pollenallergie, Neurodermitis oder allergischem Asthma lautet: Fahren Sie ans Meer oder in die Berge! In Höhen über 2.000 Meter sinkt die Pollendichte deutlich und schon ab 1.600 Metern überleben keine Milben mehr. Die trockene Bergluft macht auch Schimmelpilzsporen das Leben schwer.

 

Die See hat ähnlich positive Effekte auf die Gesundheit: Feuchte Meeresluft enthält wenig Schadstoffe. Der hohe Salzgehalt und die Mineralstoffe im Wasser lindern beispielsweise die Beschwerden von Hauterkrankungen wie Neurodermitis. Bei fast allen Neurodermitis-PatientInnen verbessert sich der Hautzustand, berichtet Angela Schuh von der Ludwig-Maximilians-Universität München in ihrem Übersichtsartikel zur Klimatherapie (DMW 2011).

 

Wer also seinen Urlaub am Meer verbringt, darf durchaus mit positiven Effekten rechnen. Aber auch am schönsten Strand lauern Gefahren, die allergische Reaktionen auslösen können.

 

Reizklima

Das Klima am Meer setzt sich zusammen aus Luftfeuchtigkeit und Temperatur, UV-Strahlung, der Windrichtung und dem Salzgehalt in der Luft. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind meist für den Organismus angenehm ausgeglichen. Weil tagsüber der Wind als frische Brise von der See kommt und nachts vom Land, ist die Luft generell mit weniger Allergenen belastet.
Bei einer Allergie auf Hausstaubmilben oder Schimmelpilze bringt Strandurlaub allerdings keine Entlastung – die feuchte Meeresluft ist für beide Allergene ein guter Nährboden.

 

Der UV-Strahlung und dem Wind schreibt die Naturheilkunde eine hohe Reizwirkung auf den Organismus zu (Grifka 1995). Wie genau die vielen Faktoren des Seeklimas auf den Organismus wirken, lässt sich letztlich schwer herausfinden. Wissenschaftliche Studien zu einzelnen Aspekten sind kaum zu finden.

 

Ist der Himmel blau und die Temperatur hoch, führt eine kühle Brise nicht selten dazu, dass die UV-Strahlung unterschätzt wird. Ein bis zwei von 100 Menschen in Mitteleuropa reagieren auf viel Sonne mit einer polymorphen Lichtdermatose, umgangssprachlich auch Sonnenallergie genannt (Gambichler et al. 2009). Sonnencreme oder lange Kleidung schützt die Haut vor einem Sonnenbrand, dem Auftreten einer Lichtdermatose und der Verschlechterung allergischer Hautveränderungen. Wer auf ein Sonnenbad nicht verzichten will, muss seinen Körper langsam an die Sonne gewöhnen.

Was juckt denn da?

Vom Klimawandel sind auch die Gewässer betroffen. An Wasseroberflächen wird es immer wärmer, Meeresspiegel und CO2-Gehalt steigen langsam aber beständig. Viele Parasiten und Bakterien vermehren sich in warmen Gewässern besonders gut.

Kommen sie mit der Haut in Berührung, können allergische oder entzündliche Reaktionen auftreten.

 

Juckt es nur an bedeckten Hautstellen, wie unter der Badehose oder dem Tauchanzug, können kleine Quallen- oder Seeanemonen-Larven der Auslöser sein. Die kleinen Tiere besitzen mit Gift gefüllte Bläschen, die sich auf Druck hin entleeren. Wer mit dem Surfbrett unterwegs ist, zerquetscht die Larven häufig unter den Achseln und mit den Füßen oder dem auf dem Brett liegenden Oberkörper. Das Gift kann bereits beim Baden oder bis wenige Stunden danach Juckreiz auslösen. Auf der Haut bilden sich kleine rötliche punktförmige Erhebungen – die Veränderungen ähneln Floh- oder Mückensticken. Die allergische Hautreaktionen auf das Gift wird als „Sea Bather´s Eruption“ bezeichnet und wurde bereits 1949 erstmals beschrieben. Meist sind die Veränderungen harmlos und bilden sich innerhalb weniger Tagen von selbst wieder zurück.

 

Was beim Baden noch Hautreaktionen hervorrufen kann, haben zwei indische Wissenschaftler zusammengetragen (Sridhar et Deo, Indian J Dermatol 2017). In ihrem Artikel beschreiben sie fast 40 Ursachen. Zwei Beispiele für häufige allergische Reaktionen sind hier ausgewählt:

 

  • Badedermatitis, auch Swimmer´s itch oder Zerkariendermatitis genannt: Zerkarien sind die Larven von Saugwürmern. Sie leben in Süßwasser bei Temperaturen über 20 Grad. Der Erstkontakt bleibt meist unbemerkt. Werden dabei Antikörper gebildet, reagiert der Körper bei erneutem Eindringen von Zerkarien in die Haut mit starkem Juckreiz, Rotfärbung und rundlichen Schwellungen (Quaddeln) an der Eintrittsstelle. Da Larven in der Haut schnell absterben, verschwinden die Beschwerden nach drei bis sieben Tagen wieder. Eine spezifische Behandlung ist nicht erforderlich.
  • Kontaktdermatosen: Werden zur Herstellung von Schwimm-Equipment wie Schwimmbrillen, Flossen oder Tauchanzügen und Nasenklipps Vulkanisierungsbeschleuniger oder Kunststoffe (wie Diphenylthioharnstoff oder Phenolformaldehydharz) eingesetzt, reagieren manche Menschen darauf allergisch.
    Bei akuten Beschwerden helfen kortisonhaltige Cremes. Das allergieauslösende Material sollten Betroffene allerdings zukünftig meiden.

 

Quellen

Schuh A, Nowak D. Klimatherapie im Hochgebirge und im Meeresklima. Dtsch Med Wochenschr. 2011;136(4):135-9.

 

Grifka J (Hrsg.) Naturheilverfahren. Urban&Schwarzenberg 1995

Kapitel 3.8 Klimatherapie, S. 90 ff.

 

Gambichler T, Al-Muhammadi R, Boms S. Immunologically mediated Photodermatoses. Am J Clin Dermatol 2009; 10: 169–80.

 

Sridhar J, Deo R. Marine and other aquatic dermatoses. Indian J Dermatol. 2017;62(1):66-78.

 

Weitere Informationen finden Sie hier

Wie bereite ich eine Reise mit Allergien vor? ECARF-Webseite, 2017

 

Zuberbier T. Krebs- und Weichtierallergie. ECARF-Webseite, 2016

 

Allergie-Wörterbuch. Europäisches Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland, 2014