28. November 2019
Allergisch auf Zahnmaterial

Zahnersatz und Zahn-Füllungen enthalten viele Einzelstoffe. Allergie-Potential haben vor allem Metalle.

Im Jahr 2017 haben deutsche ZahnärztInnen fast 51 Millionen Zähne gefüllt und knapp zehn Millionen Zähne ersetzt (KZBV-Jahrbuch 2018).

Wer eine Füllung (Inlay), Krone, Implantat oder Brücke braucht, will, dass der neue Zahn lange hält und keine Nebenwirkungen verursacht. Tatsächlich halten neue Materialien den hohen Kaukräften besser stand und der Zahnersatz lebt länger als früher.

Dafür bestehen die Materialien meist aus unterschiedlichen Stoffen: Brücken können beispielsweise ein Metallgemisch (Legierung) aus Gold, Silber, Kupfer und Palladium enthalten und eine Verblendung aus Keramik und Kunststoffen. Damit die Brücke sicher hält, werden Zement, (Plexi)Glas und/oder Kieselsäure verwendet.

 

Der Nachteil solcher komplexer Mischungen liegt auf der Hand: Das Risiko allergieauslösender Bestandteile steigt.

 

Nicht jede Reaktion ist allergisch

 

Bei einer Allergie auf Zahnmaterial löst der direkte Kontakt mit der Mundschleimhaut (Stoma) die allergische Reaktion aus. Daher lautet die Diagnose „allergische Kontaktstomatitis“.

 

Schwellung und Entzündung können zwar direkt nach der Behandlung auftreten, meist dauert es aber Tage, Wochen oder manchmal sogar Monate, bis sich Beschwerden zeigen. Der Zusammenhang mit der Zahnbehandlung gerät dann leicht in Vergessenheit.

Neben diesen klassischen Allergie-Symptomen können auch weißliche Belege, Knötchen oder nur Schmerzen, Fremdkörpergefühl und Mundbrennen vorkommen.

 

Um einer Allergie vorzubeugen, müssen Betroffene und ÄrztInnen zusammenarbeiten: Über bereits bekannte Allergien sollte der/die ZahnärztIn vor Behandlung informiert werden. So können sie bei der Materialauswahl berücksichtigen werden.
Eine genaue Beschreibung der Beschwerden hilft andere Ursachen auszuschließen. Dazu gehören Medikamentennebenwirkungen, Diabetes, muskuläre Verspannungen, psychosomatische Krankheiten oder unzureichende Mundhygiene. Manchmal sitzt auch das Material nicht korrekt, dann verändert sich das Kauverhalten oder der Zahnersatz verletzt die Schleimhaut.

 

Besteht weiterhin der Verdacht auf eine Material-Allergie, empfiehlt die Deutsche Dermatologische Gesellschaft für die Suche nach dem Auslöser den Epikutantest (DDG-Leitlinie 2019). „Die Durchführung des Epikutantests gehört in die Hände eines erfahrenen Allergologen, da eine korrekte Durchführung und Ablesung des Testes gewährleistet sein muss“, betonen Ulrike Raap und Kollegen von der Medizinischen Hochschule Hannover (Rapp et al. 2012).

 

Manchmal ist auch ein Lymphozytenstimulationstest (LTT-Bluttest) sinnvoll. Nämlich dann, wenn ein Epikutantest kein eindeutiges Ergebnis bringt oder sich nicht durchführen lässt (Robert-Koch-Institut 2008). Allerdings ist der LTT zur Diagnostik einer Kontaktallergie (noch) keine Kassenleistung. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten nur in begründeten Ausnahmefällen.

 

Zahnmaterial meist gut verträglich

 

Jörg Stähle vom Universitätsklinikum Heidelberg stuft die Häufigkeit von Kontaktallergien auf Dentalmaterialien als „außerordentlich gering – weit unter einem Prozent“ ein (Staehle 2000). Diese Einschätzung bestätigt eine Doktorarbeit aus der Ludwig-Maximilians-Universität München (Daun 2014): Nur 31 von 3.000 getesteten PatientInnen hatten eine Kontaktallergie. „Vor dem Hintergrund, dass die Expositionshäufigkeit zu zahnärztlichen Werkstoffen in der Bevölkerung sehr hoch ist, deutet dies auf eine insgesamt gute Verträglichkeit zahnärztlicher Werkstoffe hin“, so Catharina Daun. Soll heißen: Viele Menschen haben Füllungen oder Zahnersatz, aber nur sehr wenige reagieren darauf allergisch.

In Dauns Arbeit waren die fünf häufigsten Allergieauslöser Metalle: Natriumthiosulfat, Nickel, Quecksilber, Palladium und Kupfersulfat. Allergische Reaktionen traten sowohl auf Implantate als auch Brücken, Kronen und Inlays auf.

 

„Theoretisch können Sensibilisierungen und Allergien hinsichtlich jeglicher Inhaltsstoffe in Dentalmaterialien auftreten“, sagt Constanze Olms von der Universität Leipzig (Olms et al. 2019). Die Leipziger Arbeitsgruppe bestätigt auch, was frühere Studien bereits zeigen: Deutlich mehr Frauen als Männer reagieren allergisch.

Zahngesundheit steigt

 

Die Versorgung mit Zahnersatz ist übrigens seit Jahren rückläufig, zwischen 2014 bis 2017 um acht Prozent (Barmer-Zahnreport 2019). „Geringere Fallzahlen bei Zahnersatz sind der besseren Mundgesundheit in Deutschland zu verdanken“, sagt dazu der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub.

 

Quellen

 

  1. KZB-Jahrbuch 2018. Statistische Basisdaten zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KZB), 2018.

 

  1. DDG-Leitlinie. Durchführung des Epikutantests mit Kontaktallergenen und Arzneimitteln. Stand März 2019, gültig bis Dezember 2021.

 

  1. Raap U et al. Contact allergy to dental materials. J Dtsch Dermatol Ges. 2012;10(6):391-6.

 

  1. Robert-Koch-Institut. Qualitätssicherung beim Lymphozytentransformationstest – Addendum zum LTT-Papier der RKI-Kommission: Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl 2008;51:1070-6.

 

  1. Olms C et al. Contact allergies to dental mterials. Swiss Dent J. 2019;129(7-8):671-9.

 

  1. Daun CS. Kontaktallergie auf Dentalmaterialien. Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der der Zahnheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München, 2014.

 

  1. Staehle HJ. Unverträglichkeit gegenüber Dentalmaterialien: Bei Verdacht ist interdisziplinäre Abstimmung erforderlich. Dtsch Arztbl. 2000;97(49):A-3344.

 

  1. Rädel M et al. Zahnreport 2019. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 15; Barmer, 2019.