30. Juli 2019
Flugalarm: Wie gefährlich sind Insektenstiche?

Brummt eine Biene und Wespe in der Nähe, bricht häufig Panik aus – gerechtfertigt ist das in den meisten Fällen nicht. Wer aber allergisch gegen Insektengift ist, sollte auf den Ernstfall vorbereitet sein.

Kaum jemand kommt ganz ohne Insektenstich durch den Sommer. Das liegt aber nicht daran, dass Bienen und Wespen besonders aggressive Tiere wären, die nichts lieber tun, als Menschen zu attackieren. Im Gegenteil: Die meisten Insekten gehen Menschen lieber aus dem Weg. Da sich die Lebensräume von Mensch und Tier aber zunehmend vermischen, funktioniert diese Vermeidungsstrategie nur bedingt.

Dem Übeltäter auf der Spur

Ein gedeckter Tisch ist eine große Versuchung für Wespen. Sie lieben Süßes und Fleisch. Wer versucht die Tiere mit hektischen Bewegungen oder lauter Stimme zu vertreiben, bewirkt oft das Gegenteil. Die Tiere fühlen sich angegriffen und stechen zu. Über den Stachel spritzen sie Gift in den vermeintlichen Feind, um ihn zu vertreiben. Meist halten Wespen noch einen Teil ihres Giftes zurück, um erneut zustechen zu können.

 

Hornissen sind die größten heimischen Wespen. Sie stehen unter Naturschutz. Allein ihre Größe und das laute Brummen löst bei vielen Menschen Angst aus. Doch eine Hornisse ergreift lieber die Flucht, als anzugreifen. Hornissenstiche sind daher äußerst selten.

 

Bienen sind Vegetarier und ernähren sich hauptsächlich von Pflanzennektar. Menschliche Lebensmittel sind für sie meist nicht interessant. Wer ihnen auf Wiesen, in Gärten oder an ihren Nestern zu nahe kommt, riskiert jedoch gestochen zu werden. Für die Biene endet diese Verteidigungsstrategie meist tödlich. Der mit Widerhaken besetzte Stachel bleibt in der weichen menschlichen Haut stecken und reist beim Versuch ihn wieder herauszuziehen ab. Es lohnt sich also die Einstichstelle genau zu untersuchen. Steckt noch ein Stachel drin, war es eine Biene. Dieser sollte dann vorsichtig herausgekratzt werden, damit der im Stachel hängende Giftsack kein weiteres Unheil anrichten kann. Auch das Abschaben mit der Kante einer Plastikkarte, beispielsweise der Kreditkarte oder dem Personalausweis, ist hilfreich. Den Stachel mit einer Zange zu fassen ist dagegen keine gute Idee. Durch den Druck gelangt auch das restliche Gift in den Körper.

 

Hummeln gehören auch zur Familie der Bienen. Sie haben ebenfalls einen Stachel. Dieser ist aber deutlich kleiner. Für die Hummel ist es schwieriger ihn einzusetzen als für andere Gattungen aus der Bienenfamilie. Daher legen sich Hummeln vor einem Angriff erst auf den Rücken, um mit ihrem Stachel zu drohen. Sie stechen vermeintliche Feinde noch seltener als Wespen und andere Bienen.

 

Harmlose Reaktion oder Allergie

Die meisten Insektenstiche sind schmerzhaft. Die Einstichstelle juckt, die Haut rötet sich und schwillt an. Das sind ganz natürliche Abwehrreaktionen des Körpers auf ein Insektengift. Für die meisten Menschen ist der Spuk in wenigen Stunden bis Tagen vorbei. Gefährlich kann es werden, wenn das Insekt verschluckt wurde und in Mund oder Rachen zusticht. Schwillt die Schleimhaut um die Einstichstelle herum an, kann das die Atmung erschweren. Dann heißt es: Ruhe bewahren und über die Notfallnummer 112 sofort ärztliche Hilfe anfordern.

 

Treten zusätzliche Symptome wie Atemnot, Schweißausbruch, Übelkeit oder Erbrechen auf, ist eine allergische Sofortreaktion (Anaphylaxie) auf das Gift wahrscheinlich. Auch hier muss sofort gehandelt werden. Wer bereits weiß, dass er auf ein bestimmtes Gift allergisch reagiert, sollte ein Notfallset mit sich führen, um selbst sofort tätig werden zu können. Da sich die Beschwerden nach anfänglicher Besserung wieder verschlechtern können, ist auch hier der Weg in die Notfallambulanz der nächste Schritt.

 

Bei erstmaliger Anaphylaxie sollte nach der Akutphase untersucht werden, ob wirklich der Insektenstich dafür verantwortlich war und von welchem Tier das Gift stammt. Zwei von drei Anaphylaxien auf Insektengift werden von Wespen hervorgerufen, nur in jedem fünften Fall hat eine Biene zugestochen (Worm 2014).

 

In Deutschland haben schätzungsweise fast drei Millionen Menschen eine Allergie auf ein Insektengift (Schäfer 2009). Auch bei AllergikerInnen verlaufen Stiche nur selten tödlich. Im Jahr 2016 registrierte das Statistische Bundesamt lediglich 18 Todesfälle.

90 Prozent der Allergien auf Insektengift sind mit spezifischer Immuntherapie (SIT) heilbar (Kliemek 2018).

Vorbeugen ist der beste Schutz

Hier ein paar Tipps für das friedliche Zusammentreffen mit Insekten:

  • Bewahren Sie Ruhe
  • Vermeiden Sie hektische Bewegungen
  • Decken Sie Lebensmittel im Freien ab
  • Trinken Sie nicht direkt aus der Flasche
  • Treten Sie nicht zu nahe an Nester und Bienenstöcke
  • Weichen Sie den Tieren lieber aus

 

Quellen

Worm et al. Triggers and Treatment of Anaphylaxis – An Analysis of 4000 Cases From Germany, Austria and Switzerland. Dtsch Arztebl Int. 2014;111(21):367-75.

 

 

Schäfer T. Epidemiologie der Insektengiftallergie. Allergo J 2009;18:353-8.

 

 

Statistisches Bundesamt. Ergebnisse der Todesursachenstatistik für Deutschland – Ausführliche vierstellige ICD10-Klassifikation – 2016. Tabellenblatt: Einzelnachweis A00-T98, ICD-Ziffer T634, Stand 18.12.2018

 

 

Klimek L et al. Weißbuch Allergie in Deutschland. 4. überarbeitete und erweiterte Ausgabe, Springer Verlag 2019

 

Weitere Informationen finden Sie hier

Zuberbier T. Insektengift. ECARF-Webseite, Stand 2016

 

 

Przybilla B, Rueff F. Insektenstiche – Klinisches Bild und Management. Dtsch Arztebl Int. 2012;109(13);238-48.

 

 

Naturschutzbund Deutschland. Kein Grund zur Panik – Hornissen und Wespen sind friedlicher als allgemein gedacht. NABU, Angabe zur Aktualität fehlt