Im Gegensatz zu vielen anderen Allergien wie auf Milch oder Eier, die in der Kindheit auftreten, ‚verwächst‘ sich eine Erdnuss-Allergie meist nicht. Daher müssen 80% der Kinder mit Erdnuss-Allergie auch im Erwachsenenalter irgendwie damit zurechtkommen.
Momentan gibt es für PatientInnen mit Nahrungsmittelallergie, also auch für die Erdnuss-Allergie, nur zwei Möglichkeiten: die allergieauslösenden Nahrungsmittel meiden oder aber allergische Reaktionen durch Medikamente unterdrücken oder mildern.
Ein Nasenspray entwickelt sich
Dagegen könnten Impfstoffe (Vakzine) eine Allergie sogar heilen, sagt Jessica O’Konek. Die Pharmakologin von der University of Michigan im US-amerikanischen Ann Arbor (FARE 2018) hat mit dem Unternehmen BlueWillow Biologics einen Impfstoff gegen Erdnuss-Allergie entwickelt. Bisher wurde die Substanz Peanut-NE01 aber nur an Mäusen getestet (Allergy Clin Immunol 2018), wenn auch mit vielversprechendem Ergebnis: Das Nasenspray mit dem Impfstoff musste nur dreimal gegeben werden, um die Tiere vor den allergischen Reaktionen zu schützen.
Der Forschungsteil (National Institutes of Health, NIH) des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums fördert deshalb weitere Studien zu Peanut-NE01 mit über drei Millionen US-Dollar (Stebing 2019).
Wie Peanut-NE01 wirkt, beschreibt O’Konek: Der Wirkstoff unterdrückt die Allergieantwort nicht nur – er verhindert auch, dass die Immunzellen aktiv werden, die eine allergische Reaktion starten.
Unbefriedigende Ergebnisse für Impf-Pflaster
Ein anderer Ansatz kommt vom französischen Unternehmen DBV Technologies. Ihr Impfstoff Viaskin ist in einem Pflaster, das auf die Haut geklebt wird. Der Wirkstoff besteht aus Erdnuss-Proteinen, die über die Haut eindringen. Sie sollen zu einer Toleranz gegenüber Erdnüssen führen.
Bereits 2017 lagen die ersten Ergebnisse aus einer Studie mit über 300 Kindern im Alter von vier bis elf Jahren vor (Di Giorgio 2017): Nach einem Jahr hatten 35 Prozent der Kinder positiv auf die Behandlung reagiert. Was auf den ersten Blick gut klingt, ist in den statistischen Berechnungen trotzdem nicht deutlich besser als das in der Kontrollgruppe verabreichte Scheinmedikament (Placebo).
2020 veröffentlicht DBV Technologies nach drei Jahren Laufzeit nun die Langzeitergebnisse ihrer Studie. In der Pressemitteilung liest sich das Ganze wie eine Erfolgsgeschichte: Die meisten Kinder haben das Pflaster gut vertragen, sind bis zum Studienende dabei geblieben und drei von vier behandelten Kindern reagierten weniger allergisch (Becker 2020). Was jedoch nach den Ergebnissen von 2017 erstaunt: in der Langzeit-Studie gab es keine Kontroll-Gruppe mehr. Damit bleibt unklar, ob ein Placebo nicht ähnlich gut abgeschnitten hätte.
Die Pipeline ist voll
An einem Impfstoff gegen Erdnussallergie arbeiten beispielsweise auch Astellas Pharma (Wirkstoff ASP0892), Aravax (PVX108) und HAL Allergy (HAL-MPE1).
Ob eine der genannten Firmen das Rennen um die erste Impfstoff-Zulassung für sich entscheiden kann, bleibt abzuwarten.
Der Markt ist jedenfalls groß: In den letzten 20 Jahren hat sich die Häufigkeit der Erdnuss-Allergie verdoppelt. Ein bis zwei von 100 Kindern reagieren heute auf Erdnüsse allergisch. Da Nahrungsmittel oft nicht ausreichend gekennzeichnet sind, kommt es trotz aller Vorsicht immer wieder zu allergischen Reaktionen (Anagnostou 2015).
Text: ch/ktg
Quellen
DBV Technologies. Webseite zum Impf-Pflaster Viaskin. Aufgerufen am 15.01.2020.
Anagnostou K. Recent advances in immunotherapy and vaccine development for peanut allergy. Ther Adv Vaccines. 2015;3(3):55-65.