9. Juli 2021
Kortisonspray bei Asthma – und seine Nebenwirkungen

Glukokortikoide – oft nur Kortison genannt – werden in Deutschland häufig verordnet, auch als Asthmaspray. Setzt man sie richtig ein, sind Nebenwirkungen gering.

Kortison eilt ein schlechter Ruf voraus: Es macht dick, die Haut wird dünn und Infekte nehmen zu. Diese Nebenwirkungen kann Kortison zwar grundsätzlich verursachen. Aber: In Asthmasprays ist die Dosis bei normaler Anwendung dafür zu gering.

 

Kortison und seine Verwandten

Eigentlich ist der Begriff Kortison für die Asthmasprays Etikettenschwindel. Kortison ist nämlich für den Körper nicht brauchbar – es ist ein Abbauprodukt des körpereigenen Stresshormons Kortisol.
Das wirksame Hormon Kortisol allerdings hat es in sich: Es bringt nicht nur den Stoffwechsel in Schwung, sondern hemmt auch Entzündungen. Genau das ist der Grund, warum man das Hormon und die nach seinem Muster hergestellten Medikamente bei allergischem Asthma einsetzt. Sie stoppen die allergiebedingte Entzündung und das Anschwellen der Atemwege.

 

Weil die Sprays über das Einatmen direkt auf die Schleimhäute der Atemwege gelangen, kommt man mit einer geringeren Dosis aus als mit Tabletten. Auch die Kortison-Nebenwirkungen der Sprays sind deshalb gering. Ein weiterer großer Vorteil gegenüber Tabletten.

 

Diese Asthmasprays werden – außer bei sehr leichten Asthma-Beschwerden bei Kindern – als Langzeit-Basisbehandlung empfohlen. Das heißt, man nimmt sie täglich, unabhängig von den Beschwerden. So bessern sich die Beschwerden langfristig und es kommt seltener zu Atemnot-Anfällen.

Geringe Nebenwirkungen durch Sprays

Damit das Spray auch in der Lunge ankommt, ist die Inhalations-Technik wichtig – sie richtet sich nach dem Inhalator-Typ. Ansonsten bleibt der Wirkstoff im Mund und Rachenraum und hemmt dort die keimabwehrende Entzündung. Das kann zur Pilzerkrankung Mundsoor (orale Candidose) führen. Man erkennt Mundsoor an festhaftendem, weiß bis gelblichem, quarkähnlichem Belag auf der geröteten Mundschleimhaut. Diese Beläge lassen sich zwar abstreifen, aber nicht völlig abwischen. Diese Symptome lassen sich verhindern, indem man entweder vor den Mahlzeiten inhaliert oder nach dem Inhalieren den Mund ausspült, die Zähne putzt oder etwas trinkt.

 

Obwohl der Wirkstoff mit dem Spray von außen auf die Schleimhaut der Atemwege gelangt, wird auch ein Teil in den Blutkreislauf aufgenommen. Im Gegensatz zu Tabletten allerdings nur in geringen Mengen. Zwar zeigen sehr empfindliche Messmethoden, dass auch die Sprays die Produktion von Kortisol in den Nebennieren beeinflussen: Wenn der Körper feststellt, dass im Blut bereits Kortisol ist – ob durch Medikamente oder selbst produziert ist ihm egal – dann drosselt er im Lauf der Zeit die Herstellung des Hormons. Die Sprays haben darauf aber nur äußerst geringen Einfluss.
Bei Tabletten ist das anders: Setzt man sie einfach so ab, kommt der Körper in eine Art Kortisol-Entzug. Das äußert sich in deutlichem Leistungsverlust, Muskel- oder Gelenkschmerzen wie bei einer Grippe, Müdigkeit und dem Gefühl von Unterzuckerung. Deshalb muss man deshalb die Kortisol-Behandlung mit Tabletten in kleinen Schritten ausschleichen.

 

Bei Sprays ist das nicht nötig. „Ihr Einfluss ist bei normaler Dosierung zu gering, um eine anhaltende Suppression und damit Absetzproblematik zu verursachen“, sagt Stephan Petersenn auf Nachfrage von ECARF. Petersenn ist Endokrinologe und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Also: Entwarnung durch den Experten. Man kann die Sprays auch nach Langzeitanwendung einfach absetzen, wenn die Allergiesaison samt der dazugehörenden Symptome vorbei ist.

 

Eine kleine Warnung hat Petersenn aber doch: Hochdosierte inhalative Glukokortikoide erhöhen das Risiko für Osteoporose. Die aktuelle Osteoporose-Leitlinie des Dachverbands Osteologie e.V. empfiehlt deshalb bestimmten Personen, die hochdosiert Kortison-Sprays gegen Asthma nehmen, eine Knochendichtemessung: Für Frauen im Alter von mindestens 50 Jahren sowie für Männer von mindestens 60 Jahren.

 

Und warum der schlechte Ruf von Kortisol?

Die erste Patientin erhielt 1948 Kortisol. Kortisolähnliche Medikamente – die Glukokortikoide – gibt es also seit mehr als 50 Jahren. Anfangs wusste man wenig über diese Medikamente und deshalb kam es zu sehr hohen Dosierungen mit den entsprechenden Nebenwirkungen. Inzwischen gibt man Glukokortikoide so wenig und so kurz wie möglich (und natürlich so viel und lange wie nötig). Dadurch haben sich auch bei der Tablettengabe die schwerwiegenden Nebenwirkungen insgesamt verringert.

 

Der Grundstoff für die Herstellung von Kortisol im Körper ist übrigens Cholesterin – es wird über mehrere Schritte zu Kortisol umgebaut. Weil der letzte Schritt dieses Umbaus in der Nebennierenrinde stattfindet und „Rinde“ auf Lateinisch „Cortex“ heißt, nennt man das Hormon Kortisol.
Die Stoffe in den Asthmasprays, die wirken wie Kortisol, aber künstlich hergestellt werden, nennt man „Hydrokortison“. Zu diesen inhalierbaren Glukokortikosteroiden, kurz ICS, gehören beispielsweise Beclometason, Budesonid, Ciclesonid, Fluticason oder Mometason. Die Sprays entfalten nicht sofort nach dem Inhalieren ihre Wirkung – die fängt erst nach 12 bis 24 Stunden an und entfaltet sich erst nach drei bis sieben Tagen voll.

 

 

Quellen

AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma bronchiale vom 07.09.2020. Letzter Download am 26.06.2021.

 

AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Patienteninformation zu Asthma – Behandlung mit Kortison-Spray vom 07.09.2020. Letzter Download am 26.06.2021.

 

Dachverband Osteologie e.V. (DVO). Leitlinie Osteoporose 2017. Kapitel 5.3.3. Glukokortikoide. Letzter Download am 26.06.2021.

 

Gelbe Liste. Kretschmer C.: Soor (Candidose). Artikel vom 27.01.2020. Letzter Download am 26.06.2021.

 

Petersenn, Stephan. Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am 16.06.2021 und folgende ECARF-Mailnachfrage.

 

Tags: Asthma