23. Oktober 2019
Mastzellen lassen infizierte Hautwunden schnell heilen

Damit bakteriell infizierte Hautwunden schnell heilen, brauchen sie Mastzellen. Wie sie diese Wundheilung genau beeinflussen, hat nun ein Charité-Forschungsteam entschlüsselt. Mastzellen gehören zu den wichtigsten Zelltypen des Immunsystems.

Um die Rolle der Mastzellen genauer zu erforschen, hat die Forschungsgruppe eine Wundinfektion mit dem Bakterium P. aeruginosa im Tiermodell erzeugt. Bei Mäusen ohne funktionierende Mastzellen war die Wunde vier Tage nach Infektion noch doppelt so groß wie bei den Mäusen mit intakten Mastzellen – die Bakterienzahl war am 5. Tag sogar bis zu 20-fach höher.

 

Wichtiger Botenstoff

Der Grund: Mastzellen schütten Interleukin-6 (IL-6) aus. Dieser Botenstoff regt die hornbildenden Zellen (Keratinozyten) der äußeren Hautschicht dazu an, antibakterielle Eiweiße zu bilden.

Nur das Zusammenspiel von Keratinozyten und Mastzellen reduzierte die Bakterienzahl, die Mastzellen allein vermochten das nicht. Waren die Hautwunden nicht mit Bakterien infiziert, spielten Mastzellen für die Wundheilung keine Rolle.

 

Neuartiger Verteidigungsmechanismus

„Unsere Ergebnisse zeigen einen neuartigen Verteidigungsmechanismus des Körpers gegen Wundinfektionen – das von Mastzellen ausgeschüttete IL-6 fördert die antimikrobiellen Funktionen von Keratinozyten,“ so Frank Siebenhaar, Arzt und Wissenschaftler an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité. „Das heißt, Mastzellen sind auf diese Weise auch am Schutz des Organismus vor einer Blutvergiftung beteiligt“, sagt Siebenhaar.

Von diesen Erkenntnissen erhofft sich das Forschungsteam in Zukunft neue Behandlungsansätze. Sie wären nicht auf P. aeruginosa beschränkt: Der in der Studie entdeckte Mechanismus scheint auch für andere Krankenhauskeime zu gelten.

Mit Bakterien infizierte Hautwunden bereiten PatientInnen und dem Gesundheitswesen große Probleme. Die Wunden heilen schlecht, verlängern Krankenhausaufenthalte und erhöhen das Sterberisiko. Das in der Studie betrachtete Bakterium P. aeruginosa ist in Deutschland der fünfthäufigste Grund für im Krankenhaus erworbene Infektionen. Das Bakterium ist oft gegen Antibiotika resistent, das heißt die Behandlung dieses Bakteriums wird immer schwieriger.

 

Entdecker der Mastzellen war Charité-Arzt

Schon der Entdecker der Mastzellen, Paul Ehrlich, arbeitete an der Charité – von 1878 bis 1887. Entdeckt und benannt hat er die Mastzellen allerdings bereits während seiner Studienzeit in Freiburg im Breisgau. Die Mastzellen nannte Ehrlich so, weil er davon ausging, dass sie andere Zellen quasi „mästen“. Er fand sie unter dem Mikroskop nämlich besonders dort, wo er „Überernährungszustände“ im Bindegewebe vermutete, zum Beispiel bei Tumoren oder in chronisch entzündeten Geweben (Siefert 1983). Mit der Ernährung von Zellen haben Mastzellen allerdings nichts zu tun. Sie gehören zu den wichtigsten Zellen des Immunsystems.

 

Pseudomonas aeruginosa

  1. aeruginosa ist ein häufiger Krankenhauskeim, gegen den eine Reihe von Antibiotika nicht mehr wirken. P. ist die Abkürzung für Pseudomonas, eine Gattung gram-negativer, stäbchenförmiger Bakterien.

 

Quellen

Zimmermann C et al. Mast cells are critical for controlling the bacterial burden and the healing of infected wounds. PNAS October 8, 2019 116 (41).

Zahlen zur Häufigkeit im Krankenhaus erworbener Infektionen stammen aus:

Nationales Referenzzentrum für die Surveillance nosokomialer Infektionen.

Deutsche nationale Punkt-Prävalenzerhebung zu nosokomialen Infektionen und Antibiotika-Anwendung 2016 Abschlussbericht (siehe Tabelle 16, S. 30)

Siefert G, Stöckl T. Die Entdeckung der Mastzellen durch den Freiburger Medizinstudenten Paul Ehrlich. Medizinhistorisches Journal. 1983,  Bd.18, 227-237

Lebenslauf Paul Ehrlich

Website Paul-Ehrlich-Institut. Abgerufen am 19.09.2019