„Viele Menschen haben diese fototoxischen Reaktionen schon im eigenen Garten erlebt“, sagt ECARF-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Torsten Zuberbier.
Typisch sind Rötung, Juckreiz, Bläschenbildung, zum Teil auch Schmerzen an den Kontaktstellen. Die Hautreaktionen können richtig unangenehm werden, ähnlich wie bei einer starken Verbrennung. Sie sind aber weder eine Allergie, noch sind Menschen mit Allergie mehr als andere betroffen.
Das Heikle: Beim Kontakt selbst merkt man erst einmal nichts. Die fototoxischen Reaktionen treten erst nach einigen Stunden, oft sogar mit einer Verzögerung von 24 bis 48 Stunden auf. „Hier ist es besonders schwierig, den Zusammenhang mit der auslösenden Pflanze zu erkennen“, so Zuberbier.
Was steckt dahinter?
Auslöser sind meist Furanocumarine. Sie gehören zum Abwehrarsenal, das Pflanzen gegen den Befall mit Bakterien oder Pilzen schützt. Kommen Furanocumarine mit UVB- oder UVA-Strahlung zusammen, bilden sie aktive Sauerstoffradikale. Die wiederum zerstören bei Kontakt die Außenwand der Hautzellen.
Die Haut reagiert mit einer Entzündung auf die Zellschädigung: Es kommt zur Hautrötung, Blasenbildung, Schwellung und Juckreiz – eine Photodermatitis ist entstanden. Auch die Pigmentierung der Haut kann sich verstärken.
Was tun?
Auch bei bedecktem Himmel dringt die UV-Strahlung durch die Wolken – es kann also auch dann zu Hautirritationen kommen. Darum: Vorsicht beim Umgang mit fototoxischen Pflanzen. „Grundsätzlich sollten alle Menschen bei der Gartenarbeit möglichst Handschuhe tragen und direkten Hautkontakt mit diesen Pflanzen meiden“, rät Torsten Zuberbier. Nach dem Kontakt sollte man sofort die Hautstelle mit Seife und Wasser abspülen. „Das gilt übrigens auch bei einem Picknick im Garten“, warnt Zuberbier. Einige Obstsorten, unter anderem Zitrusfrüchte und insbesondere bestimmte Orangen-Sorten, enthalten ebenfalls fototoxische Bestandteile. Also: Nach dem Auspressen unbedingt die Hände waschen.
Wenn die Hautreaktionen auftritt, hilft zunächst Kühlen. Bei stärkeren Schmerzen sollte man den Arzt oder die Ärztin aufsuchen. Denn: Bei schweren Fällen kann eine Wundbehandlung und eventuell Antibiotikagabe nötig werden.
Welche Pflanzen sind fototoxisch?
Es gibt eine ganze Reihe an Pflanzen, die fototoxisch wirken. Eine Untergruppe der Furanocumarine, sogenannte Psoralene, sind vor allem in Doldenblütlern und Zitronengewächsen verbreitet.
In den Gemüsen und Gewürzen ist der Anteil der fototoxischen Substanzen meist so gering, dass bei der Ernte oder beim Essen keine Gefahr von ihnen ausgeht.
Pflanzenname | Fototoxischer Teil | Blüh-/Erntezeit |
Bischofskraut | Früchte | Juni-September |
Diptam (Dictamnus albus) | Blätter mit Borsten, Stängel, Samenkapseln | Juni – Juli |
Echter Engelwurz (Angelica archangelica) | frischer Pflanzensaft | Juni – August |
Gefleckter Schierling (Conium maculatum): | Pflanzensaft | Juni – August |
Große Knorpelmöhre (Ammi majus) | v.a. Samen | Juni – September |
Meisterwurz (Peucedanum ostruthium | Pflanzensaft | Juni – August |
Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) | alle Pflanzenteile v.a. Pflanzensaft | Juni – August |
Weinraute (Ruta graveolens) | Blattoberfläche | Juni – Juli |
Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) | alle Pflanzenteile | Juni – August |
Kräuter und Gemüse | ||
Anis (Pimpinella anisum) | Pflanzensaft | September / Oktober |
Dill (Anethum graveolens) | Pflanzensaft | |
Echte Feige (Ficus carica) | milchiger Pflanzensaft | ab Juni, Haupternte September |
Echter Koriander (Coriandrum sativum) | Pflanzensaft | Frühjahr – Herbst |
Echter Sellerie (Apium graveolens) | v.a. Knollen Nur phototoxisch, wenn die Knollen mit dem Pilz Sclerotina sclerotiorum befallen sind (pink-rote Färbung der Knolle) | ab August |
Fenchel (Foeniculum vulgare) | v.a. Knollen | ab Juni |
Karotte (Daucus carota subsp. sativus) | Rüben und Blätter (Pflanzensaft) | ab 7 Wochen nach Aussaat |
Liebstöckel (Levisticum officinale) | Pflanzensaft | vor der Blüte |
Pastinake (Pastinaca sativa) | alle Pflanzenteile | ab September |
Petersilie (Petroselinum crispum) | Pflanzensaft | Frühjahr – Herbst |
Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris) | alle Pflanzenteile | Mai – Juli |
Gibt es auch fotoallergische Reaktionen?
Ja, sie sind eher selten. Die Symptome sind denen einer fototoxischen Reaktion ähnlich, allerdings ist hier das Immunsystem beteiligt. In diesen Fällen entsteht eine Allergie gegen Inhaltsstoffe von den Pflanzen. Sonnenlicht führt dazu, dass sich die chemische Architektur der Pflanzeninhaltsstoffe ändert. Dabei entsteht ein sogenanntes Fotoantigen, also ein allergieauslösender Stoff. Er verursacht eine Typ-IV-Allergie.
Diese Reaktionen werden in der Hautarztpraxis mit einem sogenannten Foto-Epikutantest diagnostiziert.
Quellen
Zuberbier Torsten. ECARF-Expertengespräch im Juli 2021. Torsten Zuberbier ist Vorstandsvorsitzender der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF.
Landratsamt Zollernalbkreis. Umweltamt Artenschutz-Broschüre. Letzter Download am 23.07.2021
Lehmann P, Schwarz T. Photodermatoses: Diagnosis and Treatment. Dtsch Arztebl Int 2011;108(9):135–41
Lugovic L et al. Phototoxic and photoallergic skin reactions. Coll Antropol 2007; Suppl 1:63-7
Papia F. Allergic reactions to genus Morus plants: a review. Clin Mol Allergy 2020;18:1
Plantopeida.de Achtung: 20 phototoxische Pflanzen im Garten.
Umweltbundesamt. Ambrosia – Gefährliches Gewächs für Allergiker. Letzter Download am 23.07.2021