Teil 2: Sicherheit geht vor
Die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) sprach mit Beate Deckelmann (47) Schulkrankenschwester an der Berlin Brandenburg International School (BBIS) über die optimale Vorbereitung einer Klassenfahrt mit allergischen Kindern. Im ersten Teil berichtete sie von ihren Erfahrungen bei der Planung und ihren Vorgesprächen mit den Unterkünften. In Teil 2 erklärt sie nun, wie Lehrer und Eltern von ihr vorbereitet werden.
Eine Checkliste am Ende des Beitrags soll bei der Durchführung einer Klassenfahrt mit allergischen Kindern unterstützen.
Lehrerschulung
In die Vorbereitung der Klassenfahrt werden auch die begleitenden Lehrer eingebunden. „In der Woche bevor die Fahrt losgeht, erkläre ich noch einmal, auf welche Symptome sie bei dem einen oder anderen Schüler mit Allergie achten müssen und wie sie im Notfall richtig reagieren. Zum Beispiel: Wie wende ich den EpiPen oder das Asthmaspray an? Wo befindet sich der EpiPen während der Zeit der Klassenfahrt? Was hat Priorität im Handeln? Auch ganz einfache aber wichtige Dinge werden abgefragt: Wie lautet die Adresse der Jugendherberge, damit im Notfall der Krankenwagen sofort an den richtigen Ort gerufen werden kann?“ Beate Deckelmann schmunzelt. „Die meisten können das schon nicht mehr hören. Aber hin und wieder gibt es eben doch Wissenslücken. Am Schluss fahren alle mit einem sicheren Gefühl los.“
Fragebogen für die Eltern
Vor Beginn der Klassenfahrt füllen die Eltern einen Fragebogen aus. Sie sollen Allergien, Unverträglichkeiten und sonstige Krankheiten der Kinder angeben. Dazu werden die nötigen Medikamente abgefragt. Zusätzlich bekommen die Eltern einige Zeit vorher eine Erinnerungs-E-Mail der Schule mit der Bitte, das Haltbarkeitsdatum der Medikamente zu überprüfen und nachzusehen, ob die Medizin in ausreichender Menge vorhanden ist.
Die jüngeren Schüler mit Allergien geben die Medikamente beim Lehrer ab. Je nach Entwicklungsstand und Erfahrung im Umgang mit den Medikamenten dürfen sich die Schüler ab Klasse 6 selbständig darum kümmern. „Ich kenne die Kinder ja auch“, erklärt Beate Deckelmann, „in Zweifelsfällen entscheide ich gemeinsam mit den Eltern. Manche Medikamente, vor allem Sprays, fordern bei der Anwendung Mitdenken. Es funktionieren auch nicht alle auf die gleiche Weise. Hier stelle ich noch einmal sicher, dass Schüler und Lehrer gut Bescheid wissen.“
Das Notfallset
Kinder, die auf bestimmte Allergene mit anaphylaktischem Schock reagieren können, müssen das Notfallset immer bei sich am Körper tragen, etwa in einer Bauchtasche oder einem kleinen Rucksack. „Bei uns wissen alle Schüler, wie diese Beutel aussehen. Auf jeden Fall wird die Notfalltasche vor der Klassenfahrt allen Betreuern gezeigt, damit sie im Notfall wissen, wonach sie suchen müssen“, erklärt Beate Deckelmann die Vorsichtsmaßnahmen. „Im Alltag haben wir zusätzlich in den Schulgebäuden an definierten Orten EpiPens deponiert. Im Notfall ist immer einer griffbereit.“
Für die Klassenfahrt hatte die Schule zuerst überlegt, dass sowohl der Schüler als auch der Lehrer eine Fertigspritze bei sich trägt. „Das haben wir aber dahingehend geändert, dass der Schüler beide EpiPens mit sich führen muss“, sagt die Schulschwester. „Das ist für den Fall, dass der Auto-Injektor beim ersten Mal falsch angewendet wird und wirkungslos bleibt.“
Von den Eltern bekommt sie für ihre Sicherheitsvorkehrungen viele positive Rückmeldungen. „Die Eltern sind beruhigt“, sagt sie. „Die Kinder selbst finden es schon manchmal nervig, immer mit dieser Bauchtasche herumlaufen zu müssen. Aber wir stehen auf dem Standpunkt: Sicherheit geht vor“, ergänzt die Schulschwester entschieden, „wir sind da auch recht streng. Einmal wollte eine Schülerin übers Wochenende mit ihrem Team zu einem schulischen Sportwettkampf. Kurz vor der Abfahrt stellte sich heraus, dass sie ihre Asthma-Medikamente absichtlich nicht eingesteckt hatte und es war schon zu spät, sie noch zu holen. Daraufhin wurde entschieden, dass sie leider nicht mitfahren kann.“ Beate Deckelmann nickt. „Wir legen großen Wert darauf, dass die Schüler lernen, eigenständig Verantwortung zu übernehmen. Das gehört zu unserer Philosophie.“
ECARF-Tipps für eine optimal vorbereitete Klassenfahrt
Für Lehrer:
- Stellen Sie sicher, dass die Kinder ihre Notfallmedikamente immer bei sich tragen.
- Erklären Sie allen Kindern, dass sie das Einverständnis des Lehrers einholen müssen, bevor sie mitgebrachtes Essen mit anderen teilen.
- Vergewissern sie sich am Aufenthaltsort von Beginn an, dass die Köche genau wissen, wie stark die Allergien der betroffenen Kinder sind und worauf geachtet werden muss.
Für Eltern:
- Erklären Sie den begleitenden Lehrern die Allergie und stellen Sie sicher, dass sie wissen, worauf der Schüler oder die Schülerin verzichten oder worauf diese achten müssen.
- Beschreiben Sie den Lehrern, welche Symptome das Kind bei einer Reaktion zeigt und wie sie reagieren müssen.
- Prüfen sie die Medikamente ihres Kindes vor der Klassenfahrt auf Ablaufdatum und Menge.
- Rufen Sie in der Jugendherberge bzw. am Zielort an und klären Sie Unterbringung und Verpflegung, falls nicht bereits die Schule diese Aufgabe übernommen hat.
Lesen Sie auch Teil 1: Alle Schüler sollen mitfahren.