1. Oktober 2021
Spätblüher: Allergie noch im Oktober

Nach dem Sommer ist der Heuschnupfen vorbei? Leider nein. Spätblüher wie Ambrosia sorgen noch bis weit in den Oktober für Heuschnupfensymptome.

Ambrosia artemisiifolia ist unter Menschen mit Allergien wohl der bekannteste Spätblüher in Deutschland. Kein Wunder: Ihre Pollen gehört zu den häufigsten Allergieauslösern im Herbst.

 

Verwandt ist Ambrosia mit dem Beifuß,. Menschen mit Ambrosia-Allergie reagieren daher oft auch auf Beifuß oder weitere Ambrosia-Arten,  wie beispielsweise Wermut. Weil Ambrosia zu den Korbblütlern gehört, sind auch Kreuzallergien mit anderen Korbblütlern wie Goldrute oder Sonnenblumen häufig.

 

Was Allergiesymptome angeht, ist Ambrosia ein „Alleskönner“:

  • Hauptsymptom ist der Ambrosia-Heuschnupfen mit seinen typischen Zeichen wie Augenjucken, Niesen, Naselaufen und verstopfter Nase.
  • In der Folge kann es zu allergischem Asthma
  • Die Allergie gegen Ambrosiapollen kann auch zum oralen Allergiesyndrom führen: Bestandteile der Ambrosia-Pollen sind bestimmten Eiweißstoffen in Lebensmitteln sehr ähnlich. Wenn diese Lebensmittel beim Essen in Kontakt mit der Mundschleimhaut kommen, reagiert der Körper dann (fälschlicherweise) mit einer Allergie. Zu diesen Lebensmitteln gehören beispielsweise Äpfel, Bananen, Gurken, Melonen, Karotten, Kartoffeln, Paprika, Pfirsiche, Sellerie oder Zucchini.
  • Kommt die Haut in Kontakt mit der Ambrosia-Pflanze – wenn man die Pflanze zum Beispiel ohne Handschuhe anfasst –  kann es zur Nesselsucht (Kontakt-Urtikaria) kommen.

 

Wen betrifft die Allergie?


In Deutschland ist Ambrosia als Ackerunkraut zwar schon seit 1863 dokumentiert, allerdings nimmt die Ausbreitung erst seit Anfang der 1990er Jahre deutlich zu.
Eine Studie aus Baden-Württemberg schätzte bereits vor zehn Jahren, dass 15 von 100 Deutschen gegen Ambrosia sensibilisiert sind (Behrendt 2010). Bei immerhin zwei bis fünf von hundert treten auch Allergie-Symptome auf – das sind vor allem Personen, bei denen bereits Allergien bestehen. Umfassenden Daten dazu, wie viele Menschen in ganz Deutschland von der Ambrosia-Allergie betroffen sind, gibt es aber bisher nicht.

In den USA, dem Ursprungsland der Pflanze, sind die Zahlen hoch: Die amerikanische Allergie- und Asthma-Gesellschaft schätzt, dass 10 bis 20 von 100 aller Amerikaner:innen an einer Ambrosia-Allergie leiden. Ihr Pollen gilt inzwischen in den USA der Hauptauslöser für allergischen Schnupfen.

Viele kleine Pollen

Tatsächlich ist Ambrosia stark allergen: Schon relativ wenig Pollen in der Luft kann eine allergische Reaktionen hervorrufen. Bereits sechs Pollenkörnchen pro Kubikmeter Luft gelten als allergieauslösend. Bei Gräserpollen liegt dieser Wert mehr als acht Mal höher – bei 50 Pollen pro Kubikmeter Luft.

 

Außerdem produziert Ambrosia viel Pollen: Eine einzige Pflanze kann bis zu einer Milliarde Pollen freisetzen. Dafür hat sie mehr Zeit als früher: Verglichen mit 1990 begann die Allergiesaison 2018 nicht nur 20 Tage früher, sondern dauerte auch zehn Tage länger. Darauf haben jüngst Forscher:innen um William Anderegg von der University of Utah in Salt Lake City, USA, hingewiesen.

 

Auch der Klimawandel hilft Ambrosia vermutlich bei der Ausbreitung. Höhere Temperaturen lassen Ambrosia über einen längeren Zeitraum wachsen. Die Pflanze braucht einen milden Herbst, um ihre Samen reifen zu lassen und sich zu vermehren.

 

Zudem ist Ambrosia-Pollen klein und leicht. In Deutschland finden sich die Ambrosia-pflanzen und ihre Pollenkörnchen vor allem im Osten und Nordwesten, aber der Wind trägt den Pollen auch bis Süddeutschland.

 

Die Folge aus allen diesen Faktoren: Mehr Allergiker:innen mit mehr Beschwerden. Und mehr Ausgaben für das Gesundheitssystem. Pro Jahr entstehen Mehrkosten von 200 Millionen bis über einer Milliarde Euro durch die Ausbreitung von Ambrosia. Das haben das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Allergie-Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München 2012 berechnet.

 

Was tun gegen die Allergie?

Nach dem Test auf die Ambrosia-Allergie läuft die Behandlung ab wie bei anderen Pollenallergien auch.

  • Als erstes sind die Pollen so gut es geht zu vermeiden.
  • Allergischer Schnupfen und Asthma werden meist mit Antihistaminika behandelt. Weitere Therapiemöglichkeiten sind Kortison (als Nasenspray oder zum Inhalieren), Leukotrien-Rezeptorantagonisten, kurz- und langwirkende Beta-2-Mimetika, Theophyllin, Kortison als Tablette und anti-IgE.
  • Eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) kann den Körper allmählich an das Allergen gewöhnen. Die Behandlung ist bisher die einzige Möglichkeit, allergischem Asthma vorzubeugen. Sie sollte vor allem bei mittelgradig bis schwer betroffenen Personen eingesetzt werden.

 

Was tun gegen die Pflanze?

Um die Pollenkonzentration zu verringern, muss man vor allem die Ausbreitung der Pflanze eindämmen. Dazu hat das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, das Julius Kühn-Institut, bereits im Jahr 2007 ein „Aktionsprogramm Ambrosia“ gestartet. Die Maßnahmen – wie Ausreißen der Pflanze mitsamt ihrer Wurzeln oder das gezielte Besprühen mit heißem Wasser – sind allerdings aufwendig und teuer. Bund, Länder und Kommunen haben das Problem inzwischen zwar erkannt und teilweise Aktions- und Förderprogramme aufgelegt, einheitliche Regelungen gibt es bisher aber nicht.

Quellen

Anderegg WR. Anthropogenic climate change is worsening North American pollen seasons. PNAS 2021; 118(7): e2013284118

 

Behrendt H et al. Gesundheitliche Bewertung der Verbreitung von Ambrosia artemisii- folia in Baden-Württemberg: Risiko oder Überschätzung. Umweltmed Forsch Prax 2010;15(1):34–41

 

Born W et al. Gesundheitskosten der Beifuß-Ambrosie in Deutschland. Umweltmed Forsch Prax 2012;17(2): 201280

 

Brenner B. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Ambrosia artemisiifolia als Inhalationsallergen: Krankheitsbild, Häufigkeit, Auslöser, diagnostische Maßnahmen. Dokument vom 26.07.2019. Letzter Download am 28.09.2021

 

Gabrio T et al. Sensibilisierung gegenüber Allergenen von Ambrosia artemisiifolia– Pollen und weiteren Allergenen bei 10-jährigen Kindern und Erwachsenen in Baden-Württemberg. Umweltmed Forsch Prax 2010;15(1):15–22

 

Julius Kühn-Institut. Ambrosia artemisiifolia (Beifuß-Ambrosie). Letzter Online-Aufruf am 28.09.2021

 

Umweltbundesamt. GE-I-3: Belastung mit Ambrosiapollen. Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Letzter Online-Aufruf am 28.09.2021

 

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags. Gesundheitsrisiken durch den Kontakt mit der Ambrosiapflanze. Sachstand WD 9 – 3000 – 096/13. 2016. Letzter Download am 28.09.2021