14. September 2021
Welt-Neurodermitis-Tag: Neue Behandlungsmöglichkeiten nutzen

Wenn herkömmliche Medikamente bei mittelschwerer und schwerer Neurodermitis nicht reichen, gibt es weitere Behandlungsmöglichkeiten: spezifische Antikörper und sogenannte kleine Moleküle. Sie sind gut wirksam und verträglich.

Auf diese Behandlungen machen zwei medizinische Fachgesellschaften zum Welt-Neurodermitis-Tages am 14. September 2021 aufmerksam. Die Medikamente sind seit 2020 sogar Teil der aktuellen Leitlinie Neurodermitis – das kommt einem Ritterschlag für die Medikamente gleich.

 

Wer ist betroffen?

Etwa 3,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Neurodermitis, vor allem Kinder.  Schätzungen gehen davon aus, dass die Hälfte der erkrankten Kinder und circa 200.000 Erwachsene an einer mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis leiden. „Die Symptome können die Lebensqualität der Betroffenen massiv mindern. Nachts stören Juckreiz und Schmerzen den Schlaf und die sichtbaren Hautveränderungen werden von manchen im sozialen Umfeld als ‚abstoßend‘ wahrgenommen, was zu einer Stigmatisierung führen kann“, so Ralph von Kiedrowski, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen.

 

Lange Zeit haben Ärzt:innen bei Erwachsenen mit schwerer Neurodermitis Medikamente verschrieben, die das Immunsystem unterdrücken. Diese Medikamente mildern zwar die überschießende Immunreaktion, die zur Neurodermitis führt – und lindern damit die Hautentzündung und den starken Juckreiz. Aber: Wegen ihrer Nebenwirkungen muss man die Behandlung nach einiger Zeit wieder absetzen.

 

 

Was machen die neuen Therapien?

Seit ein paar Jahren gibt es neue Behandlungsmöglichkeiten: die sogenannten Biologika. Sie bremsen das überschießende Immunsystem, indem sie Entzündungs-Signalmoleküle blockieren. Der 2017 zugelassene Wirkstoff Dupilumab blockt Interleukin 4 und 13, das 2021 zugelassene Tralokinumab bremst Interleukin 13. Dadurch ebbt die Entzündung ab und die Haut beruhigt sich. Dupilumab ist mittlerweile auch für Jugendliche und Kinder ab sechs Jahren zugelassen.

Weitere Biologika gegen Neurodermitis sind in der klinischen Entwicklung. Die Substanzen werden unter die Haut gespritzt.

 

Einen anderen Ansatz der Neurodermitis-Behandlung bieten JAK-Hemmer (JAK-Inhibitoren). Der Wirkstoff Baricitinib ist seit Oktober 2020 für Erwachsene mit Neurodermitis zugelassen, der Wirkstoff Upadacitinib seit August 2021. JAK-Hemmer sind kleine Moleküle, die sehr wirksam Entzündungen hemmen. Man nimmt sie als Tablette ein.

Im Gegensatz zu den Biologika stoppen sie keine einzelnen Botenstoffe, sondern hemmen die Weiterleitung von Entzündungssignalen in der Zelle. Der Effekt: Die Entzündung klingt ab und mit ihr die Neurodermitis-Symptome. Außerdem wirken JAK-Inhibitoren schnell und ihre Wirkung und Nebenwirkungen lassen sich sehr genau steuern. Allerdings gehören Entzündungen der oberen Atemwege, Kopfschmerzen und erhöhte Werte der Kreatin-Kinase (ein Laborwert für den Energiestoffwechsel der Muskelzellen) zu ihren Nebenwirkungen. Man nutzt sie deshalb nur, wenn die anderen Therapien nicht ausreichend wirken.

 

Im Moment laufen Studien zu weiteren JAK-Hemmern, die man als Creme direkt auf der Haut anwenden kann. Dadurch ließen sich Nebenwirkungsrisiken deutlich senken. Bis jetzt ist allerdings noch keine dieser Substanzen zugelassen.

Diese neuen Therapien sollte man einsetzen, wenn die mittelschwere bis schwere Neurodermitis mit äußerlichen (topischen) Medikamenten allein nicht ausreichend behandelt werden kann, raten die Expert:innen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.

 

Quellen

Schwichtenberg U. Pressemitteilung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 06.09.2021: Welt-Neurodermitis-Tag am 14. September: Systemisch wirkende Therapeutika verbessern Behandlung

 

AWMF. Leitlinie Neurodermitis (atopisches Ekzem; atopische Dermtitis), AWMF-Registernummer: 013-027

 

Worm M et al. Modern therapies in atopic dermatitis: biologics and small molecule drugs. J Dtsch Dermatol Ges. 2020 Jul 14