8. September 2020
Glutengehalt in Weizen über 120 Jahre konstant

Moderne Weizensorten enthalten insgesamt etwas weniger Eiweiß als alte. Das zeigt eine Untersuchung historischer Weizensorten aus zwölf Jahrzehnten.

In den letzten Jahren ist die Zahl der von einer Zöliakie, Weizenallergie oder einer Gluten- oder Weizensensitivität Betroffenen stark angestiegen. Enthalten moderne Weizensorten eventuell mehr immunreaktives Eiweiß als früher?

 

Das ist zumindest beim Klebereiweiß (Gluten) nicht der Fall, wie eine Analyse von 60 bevorzugten Weizensorten aus der Zeit zwischen 1891 und 2010 zeigt. Aus dem Saatgutarchiv des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung wählten Forschende für jedes der zwölf Jahrzehnte jeweils fünf führende Weizensorten aus. Die bauten sie in den Jahren 2015, 2016 und 2017 unter jeweils gleichen geografischen und klimatischen Bedingungen an, um vergleichbare Weizenproben zu gewinnen.

 

Glutengehalt konstant geblieben

 

Es zeigte sich, dass moderne Weizensorten insgesamt sogar etwas weniger Eiweiß enthalten als alte. Der Glutengehalt blieb zwar über die letzten 120 Jahre konstant, aber die Zusammensetzung des Glutens änderte sich leicht: Der Anteil der kritisch gesehenen Gliadine sank um rund 18 Prozent. Diese Eiweißgruppe steht im Verdacht, unerwünschte Immunreaktionen hervorzurufen. In der gleichen Zeit stieg im Verhältnis der Gehalt der Glutenine um etwa 25 Prozent an.

 

Niederschlagsmenge beeinflusst Eiweißzusammensetzung

 

Außerdem entdeckten die Forschenden, dass eine höhere Niederschlagsmenge im Erntejahr mit einem höheren Glutengehalt der Weizenproben einherging. „Überraschenderweise hatten Umweltbedingungen wie die Niederschlagsmenge sogar einen größeren Einfluss auf die Eiweißzusammensetzung als die züchterischen Veränderungen“, so Katharina Scherf vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München. Zumindest auf Eiweißebene habe man keine Hinweise darauf gefunden, dass sich das immunreaktive Potential des Weizens durch die züchterischen Maßnahmen verändert hat. Allerdings sind auch noch nicht alle im Weizen enthaltenen Eiweißarten im Hinblick auf ihre physiologischen Effekte untersucht, so dass hier noch viel Forschungsbedarf besteht.

 

Durchgeführt haben die Studie Forschende des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung.

 

Quelle

NN. Freispruch für modernen Weizen? Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München, Pressemitteilung vom 11.08.2020.

 

 

Originalstudie

Pronin D et al. Wheat (Triticum aestivum L.) Breeding from 1891 to 2010 Contributed to Increasing Yield and Glutenin Contents but Decreasing Protein and Gliadin Contents. J. Agric. Food Chem. 2020 Juli, bisher nur online.