24. Juni 2020
Was führt dazu, dass Neurodermitis entsteht?

Welche Faktoren dazu beitragen, dass eine Neurodermitis entsteht, erklärte die Londoner Kinderärztin und Allergieexpertin Helen Brough beim größten Allergiekongress Europas, dem EAACI 2020.

Welche Risikofaktoren schädigen die Hautbarriere und schaffen damit die Voraussetzung für Neurodermitis?

Es gibt nicht einen Auslöser, sondern das Zusammenspiel verschiedener Faktoren führt zu Schäden an der Hautoberfläche (epikutanen Schäden):

  1. Erbliche (genetische) Faktoren: Vor allem das Gen FLG ist gut erforscht. Man weiß, dass es beim Entstehen der Hornschicht (dem Stratum corneum) der Haut eine Rolle spielt. Ist das FLG-Gen verändert, können Hauterkrankungen wie eine Neurodermitis entstehen.
    Veränderungen des Gens, das für das Eiweiß Loroquin (LOR) zuständig ist, sowie das Gen SPRINK 5, das den Bauplan für ein weiteres Eiweiß (LEKT1) enthält, sind ebenfalls an der Neurodermitis beteiligt.
  2. Keime in der Umwelt, wie Pilze, Viren und Bakterien. Hier spielt vor allem das Bakterium Staphylococcus aureus eine Rolle.
  3. Allergieverursachende Stoffe (Antigene) in der Umgebung, zum Beispiel Erdnüsse und ihre Bestandteile.
  4. Waschmittel, die die Hautbarriere schädigen können.
  5. Cremes mit hohem pH-Wert. Sie können wie so genannte Proteasen wirken, d.h. Eiweiß spalten. Dadurch schädigen sie die Hautbarriere. Normalerweise hat die Haut einen leicht sauren (also niedrigen) pH-Wert, je nach Lebensalter ungefähr zwischen 4,7 und 5,9.

 

Wie wird aus einer geschädigten Hautbarriere eine Neurodermitis?

Allergieauslösende Stoffe gelangen durch die geschädigte Haut. Dort treffen sie auf Wächterzellen des Immunsystems, die dendritischen Zellen. Sie bringen sofort die ersten Abwehrzellen (T-Zellen) in Lymphknoten in Bereitschaft, um die Allergene zu bekämpfen. Eine Entzündung entsteht.
Nach diesem ersten Schritt kommen weitere Zellen des Immunsystems (B-Zellen) dazu. Diese Gedächtniszellen merken sich den (eigentlich harmlosen) Allergieauslöser als Gefahr.

Was hat Neurodermitis bei Kindern mit späteren Nahrungsmittelallergien zu tun?

Je früher die Neurodermitis auftritt, je schwerer sie ist und je länger sie dauert, desto höher wird das Risiko für Nahrungsmittelallergien im späteren Leben.
Wenn Kinder bis zum 3. Lebensmonat ein Ekzem bekamen, das mit Kortikosteroiden behandelt werden musste, war ihr Allergierisiko für Sesam, Eiweiß und Erdnüsse um 50% höher als bei Kindern ohne Ekzem (Martin 2015).
Außerdem hat sich gezeigt, dass sich bei Kindern mit Neurodermitis das Risiko verdoppelt, später an Asthma und allergischer Rhinitis zu erkranken.

 

Quellen

Brough H.  Targeting the skin immune response for disease prevention and control – Skin care from birth for allergy prevention: results today, Vortrag beim EAACI 2020 am Freitag, dem 8.6.2020

 

Martin PR et al. Which Infants With Eczema Are at Risk of Food Allergy? Results From a Population-Based Cohort. Clin Exp Allergy 2015;45(1):255-64.